LVR-Institut für Landeskunde
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Alltag in der Krise

Zusammenstellung der im Text genannten neuen Wörter der Corona-Pandemie in Form einer Wortwolke Neue Wörter braucht das Land – Begriffe, wie sie im Zusammenhang mit Corona entstanden sind, einige davon regionalsprachlich geprägt, Foto: wordart.com/create

Die weltweite Corona-Pandemie bestimmte und bestimmt wohl auch momentan noch einen Großteil unserer Gespräche und ist oftmals Teil unserer Kommunikation untereinander. Neue Gegebenheiten, Veränderung in der Gesellschaft und einschneidende Erfahrungen, die alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Gemeinschaft betreffen, haben immer auch Einfluss auf deren Wortschatz. Nicht anders ist es bei der derzeitigen globalen Pandemie– zahlreiche neue Begriffe und Bezeichnungen finden Eingang in unser Vokabular. Ob diese auch nach dem Abklingen der Pandemie noch verwendet werden, ist nicht vorherzusagen, sicher ist aber, dass der Einfluss von Corona auf die Sprache enorm war, wirft man einen Blick in die vom Institut für deutsche Sprache (IDS) erstellte Wortsammlung rund um die Corona-Pandemie. Hier hatte und hat jede und jeder die Möglichkeit, neue Begriffe hinzuzufügen; diese werden dann von den wissenschaftlichen Mitarbeitenden darauf hin überprüft, ob sie in der Alltagssprache verwendet werden und in welchem Zusammenhang dies geschieht. Derzeit (September 2021) umfasst die Wortsammlung etwa 1770 Wörter. Viele davon sind Zusammensetzungen der Form Abstandsregel, Coronawinter, Kontakttagebuch oder Sommereffekt, teilweise finden sich auch Ableitungen wie Corönchen oder Lockdownchen in der Liste. Neben diesen beinhaltet die Sammlung zudem zahlreiche Abkürzungen, darunter natürlich die deutschlandweit bekannte AHA-Regel sowie ihre Erweiterungen, aber auch sogenannte Kontaminationen, bei denen zwei oder mehr Wörter zu einem verschmelzen: Flockdown (Flocke und Lockdown), Impfluenzer (impfen und Influencer), Maskomat (Maske und Automat) sowie Skneipe (Skype und Kneipe) sind nur einige Beispiele.

Spannend, besonders aus regionalsprachlicher Sicht, sind aber jene Ausdrücke in dieser Sammlung, die einen Bestandteil aufweisen, der aus der rheinischen Alltagssprache stammt, wie etwa die Zusammensetzung Coronawampe. Wampe, bereits im Althochdeutschen als wamba, wambo, wamma ‚Bauch, Mutterleib, -schoß, Bauchteil am Tierfell, tierische Eingeweide‘ belegt, meint in der regionalen Umgangssprache des Rheinlandes nur noch ‚dicker Bauch, Hängebauch‘ (siehe Rheinisches Mitmachwörterbuch, Eintrag Wampe). Auch Plauze im Beispiel Coronaplauze ist in der rheinischen Alltagssprache zu finden. Es bezeichnet, ähnlich wie die Wampe, einen ‚dicken Bauch‘ oder den ‚Bierbauch‘ (siehe Eintrag Plauze im Rheinischen Mitmachwörterbuch). Doch diese beiden Einträge sind nicht die einzigen regionalen Einsprengsel in der Wortsammlung rund um die Corona-Pandemie. Dort ist zudem das Wort Jeckdown zu finden, welches auf den Zeitraum des Karnevals verweist, der in den letzten beiden Jahren stillgelegt wurde, um eine vielfache Ansteckung mit dem Coronavirus zu vermeiden. Jeck, das braucht wohl niemandem im Rheinland erklärt zu werden, ist eines der regionalspezifischen Wörter der Region – und natürlich besonders im Zusammenhang mit dem Karneval zu sehen. Sprache greift eben auch aktuelle Geschehen auf und macht diese greifbar, und das kann von Region zu Region unterschiedlich sein.

Frau in braunem Mantel und schwarzer Hose trägt in rechter Hand eine medizinische Maske Trägt man diese oder ähnliche Exemplare einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht korrekt, dient Nasenpimmel wohl häufig als Bezeichnung für das, was man dann zu sehen bekommt, Foto: Anna Shvets, Pexels-Lizenz

Auffällig ist auch, dass in der Sammlung des IDS zahlreiche Wörter zu finden sind, die sich mit der Frisur während der Pandemie beschäftigen. Darunter sind unter anderem Krisenfrise und Lockdownfrise, aber auch die im Rheinland wohl gängigeren Bezeichnungen Lockdownmatte, Coronamatte sowie Pandematte (eine Zusammensetzung aus Pandemie und Matte) zu finden. Im Rheinland steht Matte für ‚Kopfhaare‘. Und nicht zuletzt erhalten die Mund-Nasen-Bedeckungen oder Masken, wie sie wohl umgangssprachlich meist heißen, neue, teilweise auch regionale Bezeichnungen. Bereits vor einiger Zeit wurden auf unserer Homepage einige Benennungen der Mund-Nasen-Bedeckung vorgestellt, in der Liste des IDS findet sich nun zudem noch Nasenpimmel; der zweite Teil dieses Wortes meint im Rheinland normalerweise den ‚Penis‘; die aus der Maske heraushängende Nase wird also mit dem Geschlechtsteil verglichen – eine durchaus sehr bildliche Darstellung, die vielleicht doch eher abschreckt.

Sarah Puckert

Literatur: