LVR-Institut für Landeskunde
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Digitale Medien im Krisenalltag

In der derzeitigen Corona-Pandemie sollen die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert werden. Ausflüge, gemeinsame Aktivitäten, Besuche bei Freund*innen und Verwandten, der Kino- oder Museumsbesuch – vieles ist nicht mehr ohne Weiteres möglich. Doch lernen derzeit immer mehr Menschen alte und neue digitale Möglichkeiten kennen, nutzen und gestalten sie für ihre Bedürfnisse. Es findet eine Auslagerung des alltäglichen Lebens in digital vermittelte Räume statt.

Vermittelt durch verschiedenste Anbieter von Videotelefonie, finden beispielsweise Treffen mit Freund*innen und Verwandten statt; die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert unter dem Hashtag #PlayApartTogether (übersetzt: Spielt getrennt zusammen) das gemeinsame Spielen von Videospielen; Museen bieten vermehrt virtuelle Angebote an; Geschäftsreisen werden digital abgehalten und bei den sogenannten Hackathons kollaborieren online zehntausende Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen und entwickeln digitale Projekte, um dem Virus mit neuen Ideen zu entgegnen.

Schriftzug Play Apart Together mit dem Logo der Weltgesundheitsorganisation. Die WHO ruft unter dem Hashtag #PlayApartTogether zum gemeinsamen Spielen auf.

Dabei gibt es für die verschiedensten Wünsche und Ansprüche eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie das eine oder andere temporär ersetzt werden kann. Die Möglichkeiten der Videotelefonie begrenzt sich häufig nicht mehr nur darauf miteinander zu reden – es finden sich größere Freundeskreise zusammen, sie spielen zusammen analoge wie auch digitale Spiele, sie essen, trinken und feiern gemeinsam, nutzen die Möglichkeiten um an der notgedrungen kleinen Hochzeit wenigstens digital teilzunehmen. Sie lernen den frisch geborenen Nachwuchs kennen oder unterrichten und lernen, wie es teils im Schulbetrieb praktiziert wird.

Die Möglichkeiten der digitalen Angebote sind dabei zwar stets begrenzt und können nur einen Teil der gewohnten Erfahrungen abdecken, doch ermöglichen sie es zum einen Normalität und Gewohnheit herzustellen und zum anderen die (ungewollt) neuen zeitlichen Kapazitäten zu füllen und so eventuell aufkommende Langeweile zu vertreiben. Das ist für viele Menschen wichtig, denn fehlende Gewohnheiten und fehlende Normalität können zu Unsicherheit führen – aufkommende Langeweile kann ebenfalls verunsichern und bietet Platz, um sich zu viel mit der unsicheren neuen Situation auseinanderzusetzen.

Im Alltag werden nun die neuen Möglichkeiten der digitalen Sozialisation erprobt, teils aber auch auf bestehende digitale Möglichkeiten zurückgegriffen. Ein Beispiel sind Videospiele. Sie sind während der derzeitigen Corona-Pandemie ein vermehrt genutztes Medium, da sie den Spielenden eine Vielzahl an Möglichkeiten bieten. Videospiele ermöglichen es den Spielenden ihre Langeweile vielseitig zu vertreiben und sich in virtuelle Welten zu begeben, in denen sie etwas erleben und erfahren können. Dies geschieht teils alleine, meist aber auch in kleinen und großen Gruppen. Je nach gewähltem Spiel werden dabei gemeinsam Welten erkundet, Abenteuer erlebt, eine eigene Geschichte kreiiert, miteinander geredet, sich ausgetauscht und so letzten Endes ebenfalls Normalität hergestellt. Mehr noch: Die Spielenden bewegen sich in einer geordneten und kontrollierbaren Welt. Für viele liegen hier zudem erweiterte Möglichkeiten. Während mit Telefonie und Videotelefonie kommuniziert wird und weitere Nutzungsweisen begrenzt sind, ermöglichen Videospiele gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse. In Zeiten, in denen Menschen in den eigenen vier Wänden bleiben sollen, ermöglichen Videospiele ihnen ihre alltägliche Lebenswelt auditiv und visuell zu erweitern. Sie können aus dem Alltag ausbrechen.

Welche Möglichkeiten es aber auch sind, die genutzt werden: Derzeit entstehen für viele Menschen neue Zeitkapazitäten in der Freizeitgestaltung, die gefüllt werden müssen. Dabei können neue digitale Gewohnheiten entstehen, kreative Umnutzungen von bestehenden Programmen geschehen sowie Tätigkeiten ausgelagert werden, die vor Kurzem noch von Angesicht zu Angesicht stattfanden. Es bleibt spannend zu sehen, wie die derzeitige Krise unseren Alltag vielleicht nachhaltig verändern wird.

Robin Stecken