LVR-Institut für Landeskunde
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Ins Autokino mit dem Ballkleid

Abitur in Zeiten von Corona

Schon das Schreiben der Abiturprüfungen war so ganz anders als die Jahre zuvor und bis zum Schluss unklar, ob und in welcher Form sie überhaupt stattfinden können. Letztlich hat es geklappt; die Klausuren sind nun geschrieben und eigentlich stünden nun die feierlichen Abschlussbälle an. Doch daraus wird nichts. Wie so viele andere Veranstaltungen können auch die Bälle der Abiturienten nicht stattfinden, nicht mal eine "normale", feierliche Zeugnisübergabe mit Eltern und Geschwistern ist in der aktuellen Situation möglich. Für die Abiturienten ist dies nicht einfach, befinden sie sich doch in einer klassischen Übergangsphase. Nach zwölf Jahren Schule stehen sie nun vor dem Eintritt in einen neuen, selbstbestimmten Lebensabschnitt mit Studium, Ausbildung und Beruf. Und davor heißt es für die AbiturientInnen Abschied nehmen, Abschied von der Stufengemeinschaft, von LehrerInnen und SchülerInnen, von dem Gebäude als Ort der schulischen Beheimatung, vom Schulhof und den vielen Alltäglichkeiten, die so prägend waren. Und diese lebensprägenden Übergänge werden von Ritualen begleitet, die Sicherheit und Struktur geben und Abschiede erleichtern.

Abiturienten feiern auf einer Bühne ihren letzten Schultag Abigag aus vergangenen Tagen. So kann dieses Jahr nicht gefeiert werden, Fotografin: Gabriele Dafft/Archiv des Alltags im Rheinland/20140411-010

Dies gilt auch für das Abitur, denn Motto-Woche, Abiparty und -ball sind genau solche Rituale. Sie erfordern langfristige Planungen, manifestieren nochmal die Stufengemeinschaft, führen zu einer hohen Identifikation mit der Stufe und geben dem Einzelnen so Sicherheit. Ein gemeinsames Motto, uniforme T-Shirts und ein Denkmal, welches an der Schule den nachfolgenden Generationen hinterlassen wird, tragen dazu bei. Auch der Abi-Gag mit Verbarrikadierungen und Bühnenshow, bei dem sich die Stufe nochmals als Einheit inszenieren kann und Hierarchien symbolisch umgekehrt, sind Elemente dieses Abschiednehmens.

Abiturienten ziehen in einem Umzug durch die Straßen Umzug der Abiturienten in den 1970er Jahren, Archiv des Alltags im Rheinland/2001-017-07a

Und dieses Jahr ist alles anders. Der letzte Schultag kam für die Abiturienten abrupt und überraschend, in NRW durften sie nach dem Lockdown am 13.3. nicht mehr in ihre Schule. Alle Veranstaltungen mussten abgesagt werden, Treffen und schon gar keine Feiern waren mehr möglich. Für die AbiturientInnen keine einfache Situation. Mittlerweile sind die Einschränkungen gelockert und so können Alternativen gesucht werden, die Schulzeit doch noch gemeinsam und feierlich abschließen zu können. Zeugnisverleihung im Autokino, in der großen Aula ohne Eltern oder die virtuelle Abiparty über Zoom. In Zeiten von Corona müssen die AbiturientInnen kreativ sein. Sicher ist, dass ihr Abi ihnen in ganz besonderer Erinnerung bleiben wird.

Ein Interview mit der Autorin zum Thema gibt es hier: https://www.sueddeutsche.de/panorama/abitur-abi-streich-corona-1.4940333.

Katrin Bauer