LVR-Institut für Landeskunde
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Ostergebäck: Olligkrabben, Struwen, Poschweck und Co.

Ostern - die Fastenzeit endet und endlich darf wieder geschlemmt werden. Und nicht nur das, zu Ostern gibt es, wie zu anderen Feier- und Festtagen (etwa Weihnachten oder Karneval) auch, zahlreiche spezielle Gebäcke im Rheinland. Nahezu jede Region hat ihre eigenen Köstlichkeiten, die an den Ostertagen genossen werden können.

Weißbrotteig in Form mehrerer Vögel, Rosinen als Augen Besonders im Kleverland bekannt: der Palmvogel, © LVR/ILR

Zum Start der Karwoche sind im Kleverland etwa sogenannte Palmvögel weit verbreitet. Diese aus Weißbrotteig geformten Vögel werden in Palmzweige gesetzt, am Palmsonntag mit in die Kirche gebracht und anschließend zum Frühstück verzehrt. Im Rheinischen Wörterbuch (Band 6, Sp. 476) findet sich beim Eintrag ‚Palmvögel‘ der Verweis auf -müschen, eine Bezeichnung, die im Kleverland für den Vogel im Allgemeinen verwendet wird (RhWB, Band 5, Sp. 1437 f.).

Ein ganz anderes Gebäck ist hingegen an Karfreitag am linken unteren Niederrhein zu finden. Dort werden zu diesem speziellen Tag häufig Olligkrabben verzehrt. Sie haben nichts mit den Krabbentieren zu tun, es handelt sich hierbei vielmehr um in Öl ausgebackene Hefekuchen (auch Muze; RhWB, Band 6, Sp. 390). Die Bezeichnung setzt sich zusammen aus dem rheinischen Dialektwort Ollig ‚Öl‘ (RhWB, Band 6, Sp. 398) und dem Wort -krabben, das schon im Althochdeutschen als krapho ‚Haken, Kralle, ähnlich geformtes Gebäck‘ belegt ist und in der Standardsprache aufgrund der Zweiten Lautverschiebung zu Krapfen verschoben erscheint. Verwandt ist Krabbe/Krapfen etwa mit den Bezeichnungen Kringel, Krampe oder Krume, die wohl alle auf dieselbe Wurzel zurückgehen.

zwei übereinander gestalpelte kleine Hefeküchlein mit Rosinen auf einem Teller, bestreut mit Zucker Westfälische Struwen, © Phillsox, gemeinfrei Ausschnitt aus einem Rezeptbuch mit dem Rezept für Struwen, handschriftlich notiert Handschriftlich notiertes Rezept für Struwen, © Sarah Puckert/LVR-ILR

Weiter östlich im Münsterland, aber auch in Teilen des Niederrheins, werden an Karfreitag sogenannte Struwen gegessen. Diese in Fett ausgebackenen Hefeplätzchen werden je nach Geschmack mit Rosinen oder Zucker und Zimt gegessen. Die Bezeichnung Struwen stammt wohl von der altsächsischen Bezeichnung struva ‚etwas Gekräuseltes, Krauses‘ oder vom altsächsischen Wort strûf ‚schuppig, struppig, gesträubt‘ und ist im Mittelniederdeutschen als strûf mit der Bedeutung ‚empor starrend, rau, uneben, nicht glatt‘ belegt – verweist also vermutlich auf die Struktur des Gebäckes, wenn es aus dem Fett geholt wird. Auch im Hochdeutschen findet man dieses Gebäck, allerdings unter dem Namen Strauben und das besonders im süddeutschen Raum. Und auch in den Niederlanden finden sich Belege ähnlicher Art – dort bezeichnet struif Pfannekuchen und Omelett. Zum ersten Mal erwähnt wurden Struwen 1090 in einer Pergamenturkunde des Bischofs von Erphos von Münster für das adlige Damenstift Freckenhorst.

zwei Hasen aus Teig versetzt übereinandergelegt Gern gegessen an den Ostertagen: der Poschweck, © Amel, CC BY-SA 3.0.

Wiederum ein anderes Gebäck ist zu Ostern an der Grenz zu den Niederlanden beliebt: der Poschweck oder Paschweck. Besonders um Aachen verbreitet, handelt es sich hierbei um ein Weißbrot, das der Bäcker zu Ostern seinen Kunden schenkte (RhWB, Band 6, Sp. 538). Der erste Bestandteil des Wortes geht zurück auf die Bezeichnung Paschen ‚Ostern‘ und hat seinen Ursprung im griechisch-lateinischen Wort pascha. Heute ist diese Bezeichnung vor allem noch nördlich der Uerdinger Linie zu hören, in weiten Teilen des Rheinlandes wird die Bezeichnung zudem noch in Redensarten bewahrt, wie etwa in Aachen, Jülich, Düren oder Bergheim und auch in Zusammensetzungen, wie eben auch dem Paschweck, taucht es regelmäßig auf (RhWB, Band 6, Sp. 538). Der zweite Teil der Zusammensetzung Weck(e) weist ebenfalls eine lange Geschichte auf. Schon im Althochdeutschen ist weggi, wekki belegt, im Mittelhochdeutschen ist das Wort dann als wegge, wecke mit der Bedeutung ‚Keil, Gebäck‘ zu finden. Seine ursprüngliche Bedeutung ‚Keil‘ ist allerdings nur noch in zwei Gebieten (im Zusammenhang mit dem Pflugschar sowie den Basaltlavasteinen in Mayen) erhalten, sie wurde zudem auf ein kleines, keilförmiges Weizenbrötchen übertragen und mit der Zeit für jegliche Art von Weizenbrötchen verwendet, auch auf stutenförmiges Platzgebäck, das häufig mit Korinthen oder Rosinen versehen ist (RhWB, Band 9, Sp. 327 f.). Wo man am Niederrhein statt Wegge Stuten sagt, können Sie auf dieser Karte ablesen.

zwei Hasen aus Teig, die übereinander gelegt sind Beliebt sind auch die typischen Formen wie etwa Hasen, © Sarah Puckert/LVR-ILR

Ein weiteres Gebäck, das in einigen Teilen des Rheinlandes weit verbreitet zu sein scheint, ist der Drickes im Sack. Dass es sich dabei um einen großen Hefekloß handelt, der in einem Topf über dem Dampf gegart wird, wird wohl aufgrund der Bezeichnung nicht deutlich. Zumal Drickes die im Rheinland gängige mundartliche Kurzform für Heinrich ist. Was Heinrich und der Sack verbindet, ist nicht näher bekannt. Auch sprachgeschichtliche Untersuchungen haben noch zu keiner Erklärung geführt (vgl. Honnen 2012, S. 65 f.).

Ansonsten findet man zu Ostern im Rheinland natürlich auch die überregional bekannten und verbreiteten Gebäcke wie Osterbrot und -zopf, Osternester mit gefärbten Eiern oder Osterhasen und Osterlämmer aus Teig auf der Kaffeetafel. Bei einigen Menschen im Rheinland darf sicherlich auch ein Möhrenkuchen nicht fehlen. Was auch immer Sie sich an den Ostertagen schmecken lassen, wir wünschen Ihnen „Guten Appetit!“

Literatur: