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Weihnachtsbeleuchtung auf Sparflamme?

Die aktuelle Advents- und Weihnachtszeit dürfte seit Jahrzehnten die erste sein, die unter dem Einfluss gleich mehrerer Krisen steht. Waren es in den Jahren 2020 und 2021 die pandemiebedingten Einschränkungen, die Auswirkungen auf das Durchführen und Besuchen von Weihnachtsmärkten und -veranstaltungen jedweder Form hatte und längst noch nicht vergessen sind, so trüben in diesem Jahr die gestiegenen Kosten für Nahrungsmittel und Energie bei vielen Menschen die vorweihnachtliche Stimmung.

Der Krieg in der Ukraine mit seinen weitreichenden Folgen führte seit dem Sommer zu massiven Preisanstiegen, und um einer eventuellen Notsituation in der Energieversorgung im Winter vorzubeugen, beschloss die Bundesregierung im September 2022 zahlreiche Energiesparmaßnahmen: weniger Büroflächen sollen beheizt und Gebäude, Denkmäler und Werbeflächen zu bestimmten Zeiten nicht mehr beleuchtet werden.

Empfohlen wurde darüber hinaus, die private und kommunale Weihnachtsbeleuchtung zu reduzieren. Einige Städte sind dem Aufruf zum Energiesparen gefolgt und haben sowohl die Anzahl der Leuchtmittel als auch die Leuchtdauer teils erheblich heruntergefahren, in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel die Städte Bielefeld, Bonn, Düsseldorf, Köln, Münster und Essen. Auch im privaten Bereich wird es Einsparungen geben, denn die unlängst veröffentlichten ‚Preisanpassungen‘ der Stromanbieter zum 01.01.2023 werden viele Menschen zum Anlass nehmen, sich ernsthaft mit den Themen Stromverbrauch und Einsparpotential auseinanderzusetzen. Dass es dennoch nicht ganz dunkel bleibt, belegt eine Umfrage, die der Stromanbieter LichtBlick beauftragt hat: 19,9 Milliarden Lämpchen, so die Schätzung, glühen und blinken Weihnachten 2022 in Deutschland, das ergibt im Schnitt 6 Leuchtmittel pro Haushalt. Trotz des immer größer werdenden Anteils an sparsamer LED-Technik entspricht das immerhin noch dem Jahres-Strombedarf von 205.000 Haushalten. Auch wenn die Zahlen das nicht hergeben – der Trend zu noch mehr Weihnachtsbeleuchtung stagniert allmählich, und das seit ca. 2 Jahren.

Beispiele traditioneller Weihnachtsbeleuchtung

Nimmt man die Anfänge – und den Sinn – der Lichtsymbolik zu Weihnachten näher in den Blick, so könnte eine Reduzierung beziehungsweise eine Konzentration auf wesentliche Elemente nicht schaden. Der Adventskranz beispielsweise wurde um 1840 zur Verkürzung der Adventszeit bis Weihnachten für Armen- und Waisenkinder vom evangelischen Theologen und Pädagogen Johann Hinrich Wichern erfunden. War der Kranz einst mit 4 großen und bis zu 24 kleinen Kerzen bestückt, sind uns heute noch die vier Hauptkerzen für die Adventssonntage erhalten geblieben.

Der Wichernkranz um 1840 nach Johann Heinrich Wichern mit unterschiedlich großen Kerzen. Der sogenannte Wichernkranz, benannt nach Johann Heinrich Wichern, um 1840. Foto: CC BY-SA 2.5, Wikimedia Commons, Fretwurst

Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die mit Kerzen bestückten Weihnachtsleuchter aus dem Erzgebirge in ganz Deutschland populär. Sie werden in den Fensterbänken aufgestellt und sind damit ein von außen wahrnehmbarer Weihnachtsschmuck. Diese halbrunden Lichterbögen (Schwibbögen) sollten ab Mitte des 18. Jahrhunderts die Sehnsucht der Bergmänner nach dem Tageslicht ausdrücken. Die frühen Leuchter aus Metall waren häufig mit weiteren Motiven aus der erzgebirgischen Volkskunst verziert (meist Schnitzer und Klöpplerin). Heute werden sie überwiegend aus Holz hergestellt.

Typischer Erzgebirgischer Schwibbogen in Anlehnung an das von Paula Jordan 1937 entworfene Motiv des ersten Groß-Schwibbogens. Erzgebirgischer Schwibbogen in Anlehnung an das von Paula Jordan 1937 entworfene Motiv des ersten Groß-Schwibbogens, Foto: CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons, Gerbil

Ganz im Zeichen der christlichen Symbolik steht der Herrnhuter Stern, der nach der Herrnhuter Brüdergemeinde in der Oberlausitz benannt ist und den Stern von Bethlehem symbolisiert. In der heutigen geometrischen Form mit zusammengesetzten Spitzen wird er seit den 1920er Jahren produziert und weltweit verschickt.

Klassischer Herrnhuter Stern mit geometrischen Formen in rot. Klassischer Herrnhuter Stern. Foto: Thomas Leßmann

Moderne Weihnachtsbeleuchtung

Der Handel führt ein inzwischen unüberschaubares Angebot an Lichtquellen, für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel ist etwas dabei. Das fördert die Möglichkeit, private, öffentliche und gewerbliche Areale mit Kerzen, Sternen, Lichterketten, Lichtervorhängen und figurativen Objekten aller Art großflächig, hellstrahlend und blinkend auszustaffieren. Im Ergebnis verschwimmen oft populäre Frömmigkeitspraxis, profaner Lichterbrauch und kommerzieller Zweck im Lichtermeer miteinander.

Eine stimmungsvolle Beleuchtung von Städten, Gemeinden und privaten Haushalten ist ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtszeit und hat auch einen sozialen und psychischen Affekt. Doch scheint es sinnvoll, das Ausmaß der Weihnachtsbeleuchtung zu überdenken und sich auf Wesentliches zu konzentrieren – nicht nur wegen der Energiekrise.

Quellen und Literatur

Hohe Energiekosten trüben Weihnachtsvorfreude: Verbraucher*innen möchten weniger Festtagbeleuchtung. Online unter https://www.lichtblick.de/weihnachtsumfrage2022/

Bundesregierung: Energieversorgung sichern. Weitere Energiesparmaßnahmen. Online unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/energiesparmassnahmen-2078224

Hermann Bausinger: Der Adventskranz – ein uralter Brauch? In: Martin Blümcke (Hrsg.): Abschied von der Dorfidylle? Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1982, S. 46–53 Online unter: https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/47904

Bettina Vaupel: Licht und Freude in jedes Haus – Die lange Geschichte der Herrnhuter Sterne, In: Monumente, Ausgabe 6/2019, S. 66–73.

Alois Döring; Michael Kamp; Mirko Uhlig (Hg.): Dem Licht entgegen. Winterbräuche zwischen Erntedank und Mariä Lichtmess. Greven Verlag, Köln 2010.

Thomas Leßmann