LVR-Institut für Landeskunde
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Ein Fest des Friedens ohne Frieden?

Das Fest der Geburt Jesu Christi steht eigentlich für Frieden und Besinnung, obwohl es in der Realität häufig ganz anders aussieht. Das zeigt uns heute nicht nur die gegenwärtige Situation im östlichen Europa, sondern auch ein Artikel der Zeitung „Echos der Gegenwart“ aus dem Jahre 1899.

Die im Zuge der 1848er-Revolution von Peter Kaatzer ins Leben gerufene Tageszeitung „Echo der Gegenwart“ war bis zu ihrer Einstellung 1935 eine der wichtigsten Blätter des liberal-katholischen Milieus in Aachen und Umgebung überhaupt. Von Beginn an als Sprachrohr des politischen Katholizismus konzipiert, bewertete das Periodikum gegenwärtige Ereignisse aus Politik, Religion, Wirtschaft und Gesellschaft aus einem dezidiert katholischen Standpunkt heraus, was auch durch einen Artikel aus der Weihnachtsauflage vom 23.12.1899 erkennbar wird.

Ein Mann in Anzug, mit Vollbart und zurückgekämmten Haaren. Er trägt ein weißes Hemd und dunkles Sakko. Peter Kaatzer, Verleger und Begründer des „Echos der Gegenwart“ in Aachen, undatiert, © Stadtarchiv Aachen, FOTO 48-353

Unter dem Titel „Die Politik und das Friedensfest“ kommentierte das Echo die großen Kämpfe und Konflikte um die Jahrhundertwende, wie etwa die Burenkriege in Südafrika oder die Flottenpolitik im Deutschen Reich, und bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die Menschheit angesichts der angespannten weltpolitischen Lage auch am diesjährigen Weihnachtsfest keine Ruhe und Besinnung finden werde. Vor diesem Hintergrund appellierte das Blatt an die Friedens- und Heilsbotschaft des Christentums und schrieb: „Eine Gewissenserforschung vor der Krippe ist angebracht für Alle, die Christen heißen. Und wir, die sogar katholische Christen heißen, wollen mit besonderem Ernst uns prüfen, ob wir auch treu geblieben sind unseren hohen Aufgaben und Gnaden […]“. Der Artikel ist somit ein Paradebeispiel für das Spannungsverhältnis zwischen einer imperialen Politik und werteorientierten Diplomatie, das die Politik bis heute noch spaltet.

Das Titelblatt des „Echos der Gegenwart“ vom 23.12.1899 mit dem Artikel „Die Politik und das Friedensfest“. Das Titelblatt des „Echos der Gegenwart“ vom 23.12.1899, © ULB Bonn + ULB Münster.

Sie möchten mehr über den politischen Katholizismus oder das rheinische Pressewesen um 1900 erfahren? In unserem Portal Rheinische Geschichte finden Sie spannende Artikel zu diesen Themen, wie beispielsweise den Beitrag über die Geschichte der „Kölnischen Volkszeitung“ (1860-1941).

Quelle

Die Politik und das Friedensfest, in: Echo der Gegenwart, Nr. 946 vom 23.12.1899.

Asya Dördü