LVR-Institut für Landeskunde
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„Alle mal lächeln“ – Weihnachtliche Inszenierungen im Fotoalbum

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der analogen Fotografie. Spätestens seit den 1950er Jahren wurde von Jedermann (Frauen bedienten damals nur selten die Kamera) geknipst und fotografiert. Im Mittelpunkt standen die besonderen Anlässe, das Schöne, das Außergewöhnliche, der „normale“ Alltag blieb außen vor. Man wählte aus, was festgehalten und dann ins Album wandern durfte, Fotoabzüge waren noch teuer und somit kam jedem Foto ein besonderer Wert zu. Die entstandenen Fotos wurden in Alben in Szene gesetzt. Hier durften häufig Frauen ans Werk, sie klebten, beschrifteten und inszenierten diese Bilder des schönen Lebens.

Festlich gekleidete Menschen stehen um einen geschmückten Weihnachtsbaum. Weihnachten bei der Familie eines Fuhrunternehmers 1913. Eine intergenerationelle Inszenierung von familiärer Gemeinschaft vor dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum. Archiv des Alltags im Rheinland, 1987-102-24a. Viele Menschen in Festkleidung haben sich vor einem Weihnachtsbaum versammelt. Weihnachten 1918 - Die Großfamilie unter dem Weihnachtsbaum ist ein wiederkehrendes Motiv in analogen Fotoalben. Archiv des Alltags im Rheinland 20142103-035.

Ein festliches Ereignis, welches standardmäßig in fast jedem Familienalbum vertreten ist, ist Weihnachten. Weihnachten hatte sich bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem stark ritualisierten Familienfest gewandelt, die Festigung der innerfamiliären sozialen Gemeinschaft wurde zum Leitmotiv und der mit Kugeln und Lichtern geschmückte Weihnachtsbaum zum zentralen Element. Um ihn herum spielt sich das weihnachtliche Festgeschehen ab und wird eben auch im Bild festgehalten.

Ein Kind steht auf einem Stuhl neben einem Tischchen mit einem geschmückten Weihnachtsbaum und drei Puppen. Ein Kind mit seinen Weihnachtsgeschenken. Archiv des Alltags im Rheinland 20141800-012.

Die festlich gekleideten Kinder mit ihren neuen Spielsachen, die Krippe unter dem Tannenbaum, das gemeinsame Festmahl am aufwändig gedeckten Tisch – der Weihnachtsbaum dient als Kulisse für die Darstellung der trauten Familie. Im Fotoalbum wird so eine generationenübergreifende „heile Welt“ inszeniert, die der Festigung von Gemeinschaft auch über den Tag hinaus dient. Über das Foto und den darauf abgebildeten Personen, Einrichtungen und Dingen wird Erinnerung und Narration ausgelöst, die es dem Einzelnen hilft, sich in ein soziales Gefüge einzuordnen. Und gerade über und um den Weihnachtsbaum herum gibt es viel zu erzählen. Vielleicht holen ja auch Sie gerade in der Advents- und Weihnachtszeit mal wieder ein altes Fotoalbum heraus und erinnern sich. In diesem Sinne wünschen wir fröhliche Weihnachten!

Dr. Katrin Bauer