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Traditionen und Rituale im Advent: Adventskranz-Bastelaktion und ein bewegter Adventskalender in Euskirchen Schweinheim

In Euskirchen Schweinheim gab es im letzten Jahr erstmals – und in diesem Jahr nun wieder – eine ganz besondere Adventskranz-Bastelaktion. Der kleine Ort mit etwas mehr als 400 Bewohner*innen ist schwer von der Flutkatastrophe im Juli 2021 betroffenen – fast alle Haushalte haben in unterschiedlichem Maße Schaden genommen. Die häufig im Keller gelagerten Weihnachtsutensilien wurden in vielen Fällen durch das Wasser und den Schlamm zerstört. Letztes Jahr organisierte ein engagierter Bewohner ein Dorftreffen, bei dem alle Interessierten die Möglichkeit hatten, bei Glühwein und Plätzchen einen neuen Adventskranz zu fertigen. Getreu dem Motto „Im letzten Jahr zum ersten Mal angeboten, nun schon Tradition…“ fand in diesem Jahr gleich an zwei Tagen ein „gemütlicher voradventlicher Adventskranzbastelnachmittag“ statt.

Im Innenhof eines Schweinheimers werden an verschiedenen Tischen fleißig Adventskränze gebastelt. Tannengrün, Dekorationsmaterial und anderes Equipment ist zu sehen. Gemeinsames Adventskränze Basteln in Euskirchen Schweinheim im November 2021. Foto: Giulia Fanton/LVR-ILR Auf einem Tisch liegt ein frisch gebundener Adventskranz, noch ohne Dekoration, daneben eine Schere und überschüssiges Tannengrün. Adventskranz in der Produktion. Foto: Giulia Fanton/LVR-ILR

Daneben hält in diesem Jahr eine neue alte Tradition wieder Einzug in Schweinheim: der bewegte Adventskalender. Vor der Coronapandemie war er bereits in der Schweinheimer Straße zur kleinen Tradition geworden, nun soll er das gesamte Dorf erfreuen.

Klassischer Adventskalender mit Bildchen und weihnachtlichem Motiv: Eine Schneelandschaft mit zwei großen Bäumen, in denen kleine Heinzelmännchen leben. Am Himmel sind musizierende Engel zu sehen. Klassischer Adventskalender mit Bildchen. Foto: Archiv des Alltags im Rheinland

Doch zunächst ein paar Worte zur Bedeutung und Geschichte des Adventskalenders:

Im Advent, der Zeit der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, sollen das Handeln und die Gedanken der Menschen auf das anstehende Fest hin ausgerichtet werden. Dabei helfen Symbole, Bräuche und Rituale, wie der Adventskalender, der insbesondere Kindern die Zeit des Wartens verkürzen, aber auch Geduld und Disziplin vermitteln soll: Jeden Tag darf nur ein Türchen geöffnet werden. Bereits in der Entstehungszeit des Adventskalenders im 19. Jahrhundert war das, was sich hinter den Türchen verbarg, sehr unterschiedlich: Beliebt waren kleine Figuren und Bildchen, etwas später die dann industriell herstellbare Schokolade. Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebten die immer vielseitigeren Kalender einen regelrechten Boom. Auch Erwachsene interessieren sich zunehmend für das vorweihnachtliche Ritual, wodurch sich seit einigen Jahren zunehmend neue Formen des Adventskalenders entwickeln. Heraus sticht dabei der sogenannte „lebendige Adventskalender“, der in vielen Orten und Stadtteilen praktiziert wird.

Eine Text-Datei mit bunten Elementen und 24 Kästchen, in denen jeweils der Treffpunkt und die Aktion für den jeweiligen Abend beschrieben wird. Der „bewegte Adventskalender“ in Euskirchen Schweinheim 2022 mit schon vielen Eintragungen.

In Schweinheim wird dieses Ritual als „bewegter Adventskalender“ bezeichnet: Dabei öffnet jede*r Teilnehmende im Dorf an einem Tag der Wahl sein Gartentörchen für die anderen Dorfbewohner*innen für ein weihnachtliches Beisammensein mit Glühwein oder Plätzchen, einer Weihnachtsgeschichte oder anderen Aktionen – der Fantasie seien dort laut Informationen aus der Dorfzeitung „Schweinheimer Landbote“ keine Grenzen gesetzt. Dazu kommen gemeinschaftliche Angebote im Dorfgemeinschaftshaus oder auf dem Dorfplatz, wie z. B. das Weihnachtsdorfessen oder der Adventskaffee für Senior*innen. Es gehe stets um ein zwangloses Beisammensein für 1 bis 1,5 Stunden, um sich mit einem kleinen Ritual gemeinsam auf Weihnachten einzustimmen.

Quellen und Literatur

Döring, Alois: Rheinische Bräuche durch das Jahr. Köln 2006.

Gajek, Esther: Adventskalender: von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1996.

Hänel, Dagmar/Herden, Stephanie: Christkind im Körbchen – neue alte Adventsbräuche im Rheinland. In: Alltag im Rheinland 2015, S. 20-26.

Schweinheimer Landbote. Nachrichten aus Schweinheim. Ausgabe 12. Oktober 2022.

Giulia Fanton