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Es weihnachtet sehr: Weihnachtliche Ziffern und Zahlen im Blickpunkt

Brottüten, die mit Weihnachtsbäumen bemalt sind und an einer Schnur mithilfe von Sternklammern, auf denen die Zahlen zwei bis sieben notiert sind, befestigt sind Einige Ziffern und Zahlen spielen in der Weihnachtszeit eine große Rolle, Foto: congerdesign, Pixabay-Lizenz

Jedes Jahr zur gleichen Zeit, und doch häufig überraschend, ist es wieder soweit – Weihnachten steht vor der Tür. Dieser Zeitraum mit all seinen Bräuchen, Ritualen und stressigen wie schönen Erfahrungen hat natürlich auch im Dialekt seine Spuren hinterlassen. Und das, aus standardsprachlicher Sicht, manchmal auf ungewöhnliche Art und Weise, denn sucht man im großen Rheinischen Wörterbuch nach dem Wort 'Heiligabend', gibt es offenbar keine direkte mundartliche Entsprechung dieses Wortes. Sucht man tiefergehend, stolpert man dann doch über ein Wort, welches zumindest auf den ersten Blick ähnlich aussieht: Heilich(t)abend (RhWB, Band 3, Sp. 442). Allerdings ist die Bedeutung eine so ganz andere als jene, die wir mit Heiligabend verbinden. Es handelt sich bei dem mundartlichen Wort nämlich um die Bezeichnung des 'Polterabends'.

Aber nicht nur bestimmte Wörter sind typisch für diese Zeit des Jahres, auch Ziffern und Zahlen spielen in der Zeit um Weihnachten eine große Rolle.

Ausschnitt des Wortes vier aus einem Wenkerbogen Die Angabe einer Lehrperson auf dem Wenkerbogen, © Wenkerbogen Gummersbach (Nr. 23691). Forschungsplattform regionalsprache.de

Die Ziffer 'vier' etwa steht eng mit der Vorweihnachtszeit in Zusammenhang, gibt es doch vier Adventssonntage und damit einhergehend auch vier Kerzen auf dem Adventskranz. Das Zahlwort 'vier' ist bereits sehr alt, seinen Ursprung hat es in der althochdeutschen Form fior (8. Jahrhundert). In den Dialekten des Rheinlandes klingt die Ziffer ähnlich wie in der Standardsprache, wenn auch mit leichten lautlichen Unterschieden (RhWB, Band 9, Sp. 110): So ist für den ripuarischen Sprachraum die Variante fier belegt, in einigen Orten lautet die Zahl hier aber auch feer. Im Bergischen Land hingegen hört man im Dialekt wohl vermehrt fiir und im Südniederfränkischen die Variante veer, seltener auch viir. Auch der Fragebogen, den Georg Wenker 1884/85 an Lehrpersonen im gesamten deutschsprachigen Raum verschickte und der von diesen jeweils in den Dialekt übersetzt werden sollte, enthält einen Satz, in dem die Ziffer 'vier' vertreten ist. Die meisten Gewährspersonen gaben hier als mundartliche Variante vier an, in Gummersbach, Heinsberg sowie Köln notierten sie die Variante veer.

roter Halbschuh, gefüllt mit Obst, Nüssen, Plätzchen und einem Schokoladennikolaus Findet man jedes Jahr am 6. Dezember vor den Türen: Nikolausstiefel, Foto: HerzenSterneBrezeln, CC BY-SA 4.0 Figuren der Heiligen drei Könige aus Holz geschnitzt auf Sockeln Sie sind am 6. Januar unterwegs, Foto: IT-Retro, CC BY-SA 4.0

Auch die Ziffer 'sechs' ist rund um die Weihnachtszeit überaus wichtig. Zum einen trägt der Nikolaustag dieses Datum, zum anderen auch im darauffolgenden Jahr der Tag der Heiligen drei Könige. Ähnlich wie beim Zahlwort 'vier' ist auch 'sechs' bereits seit dem Althochdeutschen belegt und zwar in der Form sehs; in den Dialekten des Rheinlandes (siehe RhWB, Band 8, Sp. 3 f.) ist für das ripuarische Sprachgebiet um Köln und Bonn die Form zeks belegt, im Bergischen Land nördlich der Benrather Linie sowie im Südniederfränkischen tritt dann die Variante ses, sēəs (mit stimmlosem s-Laut wie in den standarddeutschen Wörtern wachsen, Gas oder Spannung) auf, in Aachen und im Kleverländischen wird eine Variante mit stimmhaftem s-Laut (wie bei Salbe, Käse oder reisen) verwendet: zēs.

Nicht zu vergessen ist in diesem Zuge auch die Ziffer 'drei', man denke etwa an die Heiligen drei Könige. Dieses Zahlwort ist in Hinblick auf ihre sprachgeschichtliche Entstehung spannend, denn im Althochdeutschen (thrī) sowie im Mittelhochdeutschen (drī) ist noch der Langvokal ī enthalten. Dieser wurde aufgrund eines Lautwandels im Deutschen in allen Wörtern zu ei: Aus den mittelhochdeutschen Wörtern wīngarto, īs, hūs und drī wurden die uns bekannten Entsprechungen Weingarten, Eis, Haus und drei. Im Rheinland kann dieser Vorgang etwa ab dem 16. Jahrhundert beobachtet werden - allerdings nur in der geschriebenen Sprache, in den gesprochenen Dialekten bleibt das lange ī bis heute erhalten.

beigefarbenes Säckchen, auf das die Nummer 24 gestickt ist und welches oben mit rotem Band zugeknotet ist Mit dem 24. Türchen endet der Adventskalender, Foto: 445693, Pixabay-Lizenz

Und nicht zuletzt ist natürlich auch die Zahl 'vierundzwanzig' interessant. Der Adventskalender, der jedes Jahr am 1. Dezember in Kraft tritt und bis zum Heiligen Abend tagtäglich ein Türchen bereit hält, greift demnach ebenfalls die Zahl 24 auf; auch unser Adventskalender endet mit dem 24. Türchen. Wenig findet sich allerdings im Rheinischen Wörterbuch hierzu, wirft man aber einen Blick auf die Zahl 'zwanzig' (RhWB, Band 9, Sp. 885) zeigt sich, dass im Ripuarischen die Altformen zweinzig und zwenzig vollständig durch die neuhochdeutsche Form zwanzig verdrängt wurde und im ripuarischen Dialektgebiet tswantsiχ und tswantseχ dominiert. Nördlich der Benrather Linie sind dann auch Belege wie twinteχ (Selfkant, Krefeld, Kempen, Moers, Geldern, Kleve, Dinslaken-Aldenrade), tweŋteχ (Solingen, Remscheid) sowie twønteχ (Gummersbach) zu finden.

Quizfrage:

Wie lautet die Ziffer ‚vier‘ im Dialekt von Gummersbach?

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Literatur: