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„geSCHICHTEN Rheinisches Revier“ - Vermittlungskonzepte für eine Region im Umbruch
Die als Rheinisches Revier bezeichnete Region zwischen Köln, Aachen, Mönchengladbach und
Zülpich ist seit Jahrhunderten durch den Braunkohletagebau geprägt. Der damit einhergehende vielschichtige Wandel verändert nicht nur die Kulturlandschaft durch Industrialisierung und Umsiedlung, sondern beeinflusst auch Alltag, Arbeitswelten und soziale Strukturen ebenso wie Politik und gesellschaftliche Diskurse. Die politische Entscheidung zum beschleunigten Ausstieg aus der Kohleförderung und -verstromung sowie die gegenwärtige weltpolitische Lage betreffen die Menschen der Region in ihren aktuellen Lebenszusammenhängen und Zukunftsplanungen also existenziell.
Diese als „Strukturwandel“ zusammengefassten Vorgänge und komplexen Phänomene ziehen inzwischen vielfältige Aufmerksamkeit aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft auf sich. Mit einstimmigem Beschluss vom 16. Dezember 2019 hat der Landschaftsverband Rheinland hier Position bezogen. Entwickelt wurde ein Projektvorschlag, um in der gerade beginnenden Restrukturierung einer ganzen Region seine Kompetenzen in Bezug auf Industriekultur, Erinnerungskultur, Archäologie und Kulturerbe einzubringen.
Das hieraus entstandene interdisziplinär arbeitende Projekt „geSCHICHTEN Rheinisches Revier“ begreift den Strukturwandel dabei als explizit kulturelle Herausforderung. Diese manifestiert sich in vielgestaltigen SCHICHTEN – z. B. ZeitSCHICHTEN, ErzählSCHICHTEN, ErinnerungsSCHICHTEN – des über Jahrtausende entstandenen kulturellen Erbes der Region. So wird veranschaulicht, dass die Geschichte des Reviers nicht der einen Meistererzählung, sondern einer Vielzahl von Handlungssträngen und Perspektiven folgt.
Aufgeschüttete Erdschichten unter dem Fundament des mittelalterlichen Wohnturms des Ritterguts Haus Palant, Borschemich (© Foto: A. Schuler/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland). Verlassenes Haus bei Düren-Merken an der Abbruchkante vom Tagebau Inden, Schaufelbagger im Hintergrund (© Foto: Silvia Margrit Wolf/LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland).
Das Team erschließt, bündelt und vernetzt das kulturelle Erbe, entwickelt darauf aufbauende Vermittlungsstrategien und erforscht erinnerungskulturelle Positionen. Im Mittelpunkt steht das Leben mit Umbrüchen von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart. Betrachtet werden Architektur und Landschaft, Agrar- und Industriekultur, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, materielle und immaterielle Kultur sowie Erinnerungskulturen.
Zudem wird eine partizipative Plattform entstehen, auf der verschiedene kulturell engagierte Akteur*innen interagieren, kooperieren und Synergien entwickeln können. Gemeinsam mit den Kommunen, zivilgesellschaftlichen Engagements, Museen, Vereinen, Archiven, Verbänden und weiteren Initiativen der Region werden vielfältige kulturelle Möglichkeitsräume eröffnet und miteinander vernetzt.
Beteiligt sind das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, das LVR-Amt für Denkmalpflege und das dezentrale LVR-Industriemuseum.
Das Rheinische Revier erzählt geSCHICHTEN - Unser Webauftritt ist online!
Wir laden Sie herzlich ein, Ihre geSCHICHTEN bei uns zu erzählen.
Ab sofort sind engagierte Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Museen, Vereine oder Archive, Verbände und weitere Initiativen, kurz: alle die sich angesprochen fühlen, aufgerufen, ihre geSCHICHTEN auf geschichten-rheinisches-revier.lvr.de zu veröffentlichen.
Eine geSCHICHTE ist ein Einblick in die kulturelle Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Rheinischen Reviers. Entlang der geSCHICHTEN unterschiedlicher Akteur*innen und Privatpersonen wird kulturelles Erbe sicht- und erlebbar. Unterschiedliche Perspektiven und Blickwinkel werden abgebildet und so die Vielschichtigkeit der Region dargestellt.
Der geSCHICHTEN-Podcast
Die gemeinsame Sendereihe des LVR-Projekts „geSCHICHTEN Rheinisches Revier“ mit dem Podcast „Geschichte Europas“ des Historikers Tobias Jakobi ist gestartet.
Was hat der Ort Keyenberg am Rande des Tagebaus Garzweiler mit einer Ausgrabung in Kerpen-Manheim zu tun? Wie hängt die napoleonische Besatzung des Rheinlands mit der Besiedlung der Region durch die ersten Ackerbau-Viehzucht-Gemeinschaften vor fast 7.500 Jahren zusammen? – Ganz einfach: Es sind viele verschiedene geSCHICHTEN, die das vielfältige kulturelle Erbe des Rheinischen Reviers vor dem Hintergrund nicht nur des aktuellen Strukturwandels, sondern eines „Lebens mit Umbrüchen“ erzählt.
Innerhalb von dreizehn Episoden beleuchtet Tobias Jakobi zusammen mit seinen Gesprächspartner*innen eine Vielzahl dieser geSCHICHTEN und damit unterschiedliche Facetten der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Region zwischen Aachen, Mönchengladbach, Köln und Zülpich. Im Mittelpunkt stehen dabei historische Umbruchssituationen der letzten 7.500 Jahre, welche die Region maßgeblich geprägt haben.
- Epiosde I - Das LVR-Projekt "geSCHICHTEN Rheinisches Revier", mit Alrun Berger
- Epiosde II - Die Jungsteinzeit im Rheinischen Revier, mit Dr. Erich Claßen und Dr. Kerstin Schierhold
- Episode III - Die Romanisierung des Rheinischen Reviers, mit Dr. Marion Brüggler und Eva Cott
- Episode IV - Spätantike und Frühmittelalter im Rheinischen Revier, mit Dr. Marion Brüggler, Dr. Martin Grünewald und Dr. Ulrike Müssemeier
- Episode V - Der hochmittelalterliche Siedlungsbau im Rheinischen Revier, mit Dr. Torsten Rünger
- Episode VI - Die "Franzosenzeit" im Rheinischen Revier, mit Dr. Helmut Rönz
- Episode VII - Die Industrialisierung des Rheinischen Reviers, mit Prof. Dr. Boris Gehlen
- Episode VIII - Die Geschichte des Braunkohlebergbaus im Rheinischen Revier, mit Dr. Guido Hitze
- Episode IX - Das industrialisierte Rheinische Revier, mit Dr. Walter Hauser
- Episode X - geSCHICHTEN von Umbrüchen erzählen, mit Giulia Fanton, Marian Fritz & Dr. Kerstin Schierhold
- Episode XI - Archäologie im Braunkohletagebau, mit Robin Peters und Prof. Dr. Michael Schmauder
- Episode XII - Keyenberg: Leben mit dem Loch, mit Dr. des. Anja Schmid-Engbrodt und Dr. Judith Schmidt
- Episode XIII - Mit der Vergangenheit in die Zukunft: Resilienz aus Umbrüchen, mit Dr. Michael Kolocek und Felix Leo Matzke
- Episode XIV - Das archäologische Projekt Manheim, mit Dr. Martin Heinen und Susanne Harke-Schmidt
- Episode XV - Protest und Protestkultur im Rheinischen Revier, mit Dirk Jansen
- Episode XVI - Strukturwandel und Naturschutz im Rheinischen Revier, mit Linus Platzer
- Episode XVII - Strukturwandel und neue Alltage im Rheinland filmisch dokumentieren, mit Dr. Lisa Maubach
- Episode XVIII - Industriekultur im Rheinischen Revier erfassen, mit Dr. Ralf Liptau und Dipl.-Ing. Rasmus Radach
- Episode XIX - Transformation der Industriekultur im Rheinischen Revier, mit Dr. Walter Hauser und Dr. Alexander Kierdorf
- Episode XX - Das Hessische Braunkohlen-Revier, mit Ingo Sielaff
- Episode XXI - Das Ruhrgebiet als Nachbarregion des Rheinischen Reviers, mit Prof. Dr. Stefan Berger
- Episode XXII - Rekultivierung im Rheinischen Revier, mit Dr. Michael Farrenkopf
- Episode XXIII - Das Mitteldeutsche Revier, mit Dr. Annette Schneider-Reinhardt
- Episode XXIV - Das Lausitzer Revier, mit Heidi Pinkepank und Dr. Lars Scharnholz
Projektteam
- Alrun Berger, M.A. (Projektkoordinatorin; Historikerin)
- Marian Fritz, M.A. (Historiker)
- Dr. Kerstin Schierhold (Archäologin)
- Giulia Fanton, M.A. (Kulturanthropologin)
- Dr. Thomas Leßmann (Kulturanthropologe)
- Dr. Annette Schneider-Reinhardt (Europäische Ethnologin)
Archiv
Konferenz „Strukturwandel als kultureller Möglichkeitsraum“ (24./25. Oktober 2022)
Kulturelle Möglichkeitsräume entdecken, aufzeigen und vermitteln – das stand im Vordergrund der im LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler durchgeführten Konferenz. Der Projekttitel „geSCHICHTEN Rheinisches Revier" gab die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung vor. Aufgeteilt in geSCHICHTEN „über“ das Rheinische Revier, „aus“ dem Rheinischen Revier und „für“ das Rheinische Revier stellten Akteur*innen aus Kultur, Tourismus und Wissenschaft ihre Arbeit vor.
In unterschiedlichen Formaten, zwischen Vortrag, Podiumsdiskussion und „Walk and Talk“, konnten die Teilnehmenden durch den gemeinsamen Fokus auf die Kultur miteinander ins Gespräch kommen. Ein künstlerisches Abendprogramm mit Filmvorführung, Fotoausstellung und Tanzperformance rundete den ersten Tag der Veranstaltung ab und unterstrich gleichzeitig den Einbezug künstlerischer Ausdrücke in das große Vermittlungsprojekt.
Dialoge ermöglichen, Akteur*innen vernetzen, Inhalte mit Fachwissen aufarbeiten und verbinden – dies sind die Aufgaben des Projekts. Für die Gestaltung der kulturellen Infrastruktur des Rheinischen Reviers in der herausfordernden Zeit des Strukturwandels ist hier ein wichtiger Auftakt gelungen: Unter anderem konnten diverse Kulturinstitutionen mit Initiativen des ehrenamtlichen Engagements und Vertreter*innen anderer ehemals schwerindustrieller Reviere in Deutschland in den Austausch gehen.
Die wissenschaftlichen Perspektiven auf den in unserer Region laufenden Strukturwandel, vertreten durch Archäologie, Baudenkmalpflege, Geschichtswissenschaft und Kulturanthropologie konnten hierbei ebenso ihren Platz finden wie künstlerische Sichtweisen. Die Vielschichtigkeit des Rheinischen Reviers wurde auf eindrückliche Art und Weise abgebildet. Dies spiegeln auch die regen Diskussionen nach den Beiträgen, die Pausengespräche und die Rückmeldungen des teilnehmenden Publikums wider.
Mit einer Vielzahl von Eindrücken und Impulsen geht das Projekt-Team nun in die weitere Vernetzungsarbeit.
Das Konferenzprogramm finden Sie hier (PDF-Datei, 951 KB)