LVR-Institut für Landeskunde
und Regionalgeschichte
Logo LVR

„Ins Land der Franken fahren“

Wohlauf, die Luft geht frisch und rein,
wer lange sitzt, muss rosten.
Den allerschönsten Sonnenschein
lässt uns der Himmel kosten.
Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid
der fahrenden Scholaren.
Ich will zur schönen Sommerszeit
ins Land der Franken fahren,
valeri, valera, valeri, valera,
ins Land der Franken fahren!

Sommerzeit ist Reisezeit, und die erste Strophe des Frankenlieds, der inoffiziellen Landeshymne von Franken, lädt praktisch dazu ein, diesen Teil Bayerns zu besuchen (am besten heute, am Tag der Franken). Konkret zum Beispiel einen der Orte, die in späteren Strophen des Lieds namentlich erwähnt werden: Bamberg.

Das Alte Rathaus in Bamberg Das Alte Rathaus in Bamberg, © Verena Kohlmann, LVR-ILR Die Altstadt Bambergs Die Altstadt Bambergs, © Verena Kohlmann, LVR-ILR Das Alte Rathaus und die Obere Brücke in Bamberg Das Alte Rathaus und die Obere Brücke in Bamberg, © Verena Kohlmann, LVR-ILR

Zwar beschäftigen wir uns hier beim Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte vorrangig mit der Sprache im Rheinland, aber warum zur Abwechslung nicht mal in einen anderen Sprachraum erkunden?

Die Dialekte, die in Franken gesprochen werden, werden als fränkisch bezeichnet, fachsprachlich nennt man sie ostfränkisch. Das hängt damit zusammen, dass auch Dialekte außerhalb Frankens in der Linguistik als fränkisch bezeichnet werden, beispielsweise das Südniederfränkische im zentralen Rheinland. Die Mehrheit der Dialekte in Franken sind dem Ostfränkischen zuzuordnen, abgesehen von einem Teil im westlichen Franken, wo schon Rheinfränkisch gesprochen wird, und einem kleinen Gebiet im Norden, der bereits Thüringisch spricht. Ostfränkisch zählt wie das Bairische zu den oberdeutschen Dialekten und hat daher – im Gegensatz zu den niederdeutschen Dialekten – die Zweite Lautverschiebung vollständig durchgemacht.

Abgesehen von diesen sprachlichen Unterschieden kann man Franken auch in Wein- und Bierfranken unterteilen: Die Region Unterfranken ist zwischen Aschaffenburg und Bamberg durch ihre sonnenverwöhnten Hügel gut für den Weinanbau geeignet, im restlichen Franken wird Bier gebraut, auch heute noch häufig in kleinen Dorfbrauereien. Mitte der 60er Jahre hatte Oberfranken die höchste Brauereidichte der Welt. Sollten Sie Franken besuchen, probieren Sie auf jeden Fall das heimische Bier. Am besten genießt man das Getränk natürlich im Biergarten – in Franken nennt man diese allerdings Bierkeller, und man geht „auf den Keller“, nicht „in den Biergarten“. Doch woher kommt diese sprachliche Eigenheit?

Vor der Erfindung moderner Kühlräume lagerten Brauer ihr Bier in unterirdischen Kellern im Wald. Diese Lagerräume wurden durch einen Ausschank ergänzt, sodass das Bier direkt bei den Kellern schon ausgeschenkt werden konnte. Die Bierkeller entwickelten sich zu einem beliebten Treffpunkt, denn der Wald bietet neben einem schönen Ambiente auch Schutz vor der Sonne. Wenn also in Franken „Kellerwetter“ ist, dann bedeutet das nicht, dass man sich vor einem drohenden Unwetter ins Haus flüchten muss, sondern das genaue Gegenteil.

Eine Hand hält einen Halbliter-Krug Bier ins Bild, im Hintergrund sind Büsche zu sehen. Ein Seidla Bier, © Verena Kohlmann, LVR-ILR

Auf den Bierkellern wird das Bier traditionell in Steinkrügen serviert. Bestellen kann man ein Seidla (halber Liter) oder eine Maß (ganzer Liter). Ein Seidlein bezeichnet generell einen halber Liter Flüssigkeit, wird aber im allgemeinen Sprachgebrauch nur für Bier verwendet. Man kann auf dem Bierkeller also schlicht ein Seidla ordern und bekommt automatisch ein Bier ausgeschenkt. Das Wort Seidlein kommt vom mittelhochdeutschen sîdel(în) ‚Bierglas, Flüssigkeitsmaß, Seidel‘, das wiederum vom lateinischen situla ‚Eimer‘ abstammt. Genauso entstand die Bezeichnung Maß: Eine Maß (althochdeutsch māʒa, mittelhochdeutsch māʒe) ist auch eine konkrete Mengenangabe, nämlich ein Liter.

Sollte mal kein Kellerwetter sein, kann man sich in einer Wirtschaft ein saftiges Schäufala, ein geschmorter Braten aus der Schulter des Schweins, schmecken lassen. Serviert wird es mit Kartoffelklößen und Sauerkraut.

Ein Schäufala mit Kartoffelkloß auf einem weißen Porzellanteller. Schäufala mit Kloß, © Wikimedia Commons

Schäufala und Seidla haben eines gemeinsam: die Diminutivendung -la. Diese Silbe zur Verkleinerung entspricht dem standarddeutschen -lein, genau wie das rheinische -ke (und dessen Varianten -je, -che etc.) von -chen kommt. Auch in Franken gibt es Variationen dieser Endung: Neben -la hört man auch -le, im Plural -li (z. B. Männli) oder auch -lich (z. B. Betzlich, ‚Schäflein‘). Im Süden, wo sich der bairische Dialektraum anschließt, verkleinert man mit -(e)l, beispielsweise in Moisl ‚Mäuslein‘. Und ja – die Verkleinerungsform wird im Fränkischen genauso inflationär gebraucht wie in den rheinischen Dialekten.

Sodäla! 'Nun denn!'Jetzt sind Sie sprachlich gut gerüstet für einen Ausflug ins Frankenland.

Hier können Sie sich übrigens das Frankenlied anhören:

Inhalte von YouTube anzeigen?

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen. Hinsichtlich weiterer Details beachten Sie bitte die Hinweise auf den Seiten des externen Angebots.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Literatur:

DWDS. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Das Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart, hrsg. v. d. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Kommission für Mundartforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Handwörterbuch von Bayerisch-Franken. 3. unveränderte Auflage, Bamberg (Verlag Fränkischer Tag) 2008.

Annika Seidel: Schnelles Wissen rund um den Bierkeller: Wieso heißt es in Franken nicht Biergarten?

Eberhard Wagner: Das fränkische Dialektbuch. München (Verlag C. J. Beck) 1987.