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Der Adventskranz

Heute zünden wir schon die dritte Kerze auf dem Adventskranz an. Woher kommt dieser Brauch eigentlich?

Ein privates Bild eines Nikolausabends: der Tisch ist mit einem Adventskranz geschmückt (1958). Bildnachweis: Fotograf unbekannt, Sammlung Ferber © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Der Adventskranz steht in zahlreichen Häusern und Wohnungen auf dem Tisch. Klassisch als rund gebundener Kranz aus Tannengrün, geschmückt in unterschiedlichen Farben, modern oder rustikal gestaltet auf Metalltellern, Holz oder Glas, auch mal nicht rund, sondern im Nebeneinander der Hauptbestandteile: vier Kerzen.

Ein Adventskranz gehört sozusagen auf jeden Fall dazu, wenn es um die Gestaltung der Adventszeit geht. Uralt ist diese Tradition nicht, der erste Adventskranz wird in den 1840er Jahren in Hamburg aufgehängt. Der evangelische Theologe und Sozialpädagoge Johann Heinrich Wichern (1808-1881) entwickelte ein Lichtsymbol für die Adventszeit. 1850 schreibt er dazu: „Es ist nichts als ein einfacher Kranz, den der Kronleuchter auf seinen Armen trägt, und auf dem Kranz brennt das erste Licht.“ Das erste von 24 Lichtern, denn Wichern baute den ersten Adventskranz als eine Art Kalender, um jeden Tag im Dezember ein weiteres Licht anzuzünden. 1833 hatte Wichern das so genannte Rauhe Haus übernommen, eine Einrichtung für straffällig gewordene, arme oder als schwer erziehbar geltende Jungen. Wichern leitet das Haus nach sozalreformatorischen modernen Ideen: Bildung, Gemeinschaft und ein Leben in familienähnlichen Strukturen sollte die stigmatisierten und ausgegrenzten Kinder und Jugendlichen auf ihr Erwachsenenleben vorbereiten. Religiöse Bildung und die Erfahrung der gemeinschaftsstiftenden Kraft von Ritualen gehörte dazu. So etablierte Wichern die kurze tägliche Andacht in der Adventszeit, bei der jeden Tag ein zusätzliches Licht angezündet wurde.

Die katholische Kirche übernahm den evangelischen Adventskranz schnell – ergänzt durch seine Segnung, hier in den 1970er Jahren in der Eifel. Bildnachweis: Carl Guthausen, © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Diese Idee verbreitete sich schnell, wurde um die Jahrhundertwende „familientauglich“ auf ein Licht für jeden Adventssonntag reduziert und gilt als populärer evangelischer Adventsbrauch. Die konfessionelle Grenze überwand der Adventskranz aber ganz schnell, denn auch in katholischen Familien wurde das einfache Lichterritual sehr schnell aufgenommen und verbreitet.

Dagmar Hänel

Literatur:
Alois Döring: Rheinische Bräuche durch das Jahr. Köln 2006.
Werner Raupp: Wichern, Johann Hinrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 15, Herzberg 1999, Sp. 1473–1503.

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