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Ein Adventskalender mit 30 Türchen?
Ein Adventskalender mit 30 Türchen? Nein, natürlich nicht. Was auf dem Foto zu sehen ist, ist ein Ramadankalender für Kinder. Dieser Kalender erinnert nicht nur zufällig an den Adventskalender, er ist tatsächlich von ihm inspiriert. Während es Adventskalender bereits seit gut 100 Jahren gibt, hat sich der Ramdankalender erst in jüngster Zeit entwickelt. Möglicherweise hat sich diese Form zunehmend verbreitet, als im Jahr 2000 der islamische Fastenmonat Ramadan in die Adventszeit fiel. Da in Deutschland Adventskalender sehr populär sind, lag es für Eltern oder Erzieher*innen nahe, auch den muslimischen Jungen und Mädchen etwas Vergleichbares zu bieten. Etwas, auf das sie sich jeden Tag freuen können und das ihnen diesen besonderen Abschnitt im Jahreskreis bewusst macht. Vier Wochen lang während des Ramadans finden Kinder jeden Tag hinter den Türchen oder in den Säckchen Süßigkeiten, Koranverse oder kleine Geschichten.
Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Kalenderjahr. Weil sich die islamische Zeitrechnung am Mondjahr orientiert, das zehn Tage kürzer als das Sonnenjahr ist, verschiebt sich der Beginn des Ramadans jedes Jahr um zehn Tage nach vorne. In diesem Jahr (2020) begann der Ramadan übrigens am 23. April und endete am 23. Mai. Für muslimische Gläubige hat der Ramadan herausgehobene Bedeutung, denn im Islam gilt dieser Monat als Beginn der göttlichen Überlieferung des Korans an den Propheten Mohammed. Das tägliche Fasten im Ramadan, jeweils bis zum Sonnenuntergang, gehört zu den zentralen Pflichten von Muslim*innen, den sogenannten „fünf Säulen" des Islam.
Kommerzieller Ramadankalender mit 30 Klapptürchen.Foto: kandil.de
Das allabendliche Fastenbrechen ist ein besonderes, gemeinschafstiftendes Ritual für muslimische Gläubige. Familie, Nachbarn und Freundeskreis treffen sich dann zum Beten und zum gemeinsamen Essen in größerer geselliger Runde. Traditionell beginnen diese Mahlzeiten mit dem Verzehr einer Dattel und eines Schlucks Wasser, bevor verschiedene Speisen gereicht werden.
Der Ramadankalender für Kinder ist in ein relativ neues Element dieses Festes. Er dient dazu, Kindern muslimischer Eltern das Verhalten der Erwachsenen verständlicher zu machen und soll sie an religiöse Riten heranzuführen. Auch wenn Kinder von den Fastenregeln prinzipiell ausgenommen sind, so können sie zum Beispiel tagsüber auf Süßigkeiten verzichten und finden dann abends in ihrem Ramadankalender eine Belohnung in Form von Schokolade. Wenn hinter den Türchen oder in den Säckchen Koranverse oder kleine Geschichten stecken, werden diese als Anlass genommen, in der Familie über religiöse Themen und Bräuche zu sprechen. Das abendliche Öffnen der Türchen ist darüber hinaus eine Möglichkeit, die Jungen und Mädchen in das religiöse und gesellige Leben beim abendlichen Fastenbrechen einzubeziehen.
Die Ramadankalender sind mit bunten Motiven bedruckt, die kindgerechte Szenen aus dem Alltagleben oder aus muslimischen Sagen zeigen können. Auch unter den kommerziellen Kalendern gibt es unterschiedliche Varianten. Hier ein Pralinenkalender in blauer Schachtel mit goldfarbigen Ornamenten Foto: Chocolissimo.de Spielerische und kreative Vorbereitung auf den Ramadan: Ausmalkalender. Foto: gruenebanane.de
Das Erfolgsrezept des Adventskalenders ist quasi durch einen kulturellen Austausch in einen anderen Kontext übertragen worden und erfüllt hier vergleichbare Funktionen, beispielsweise die kindgerechte Wertevermittlung. Wie auch bei den Adventskalendern, gibt es unter den Ramadankalendern die kommerzielle, konfektionierte Variante in Form von Pappschachteln mit bunten Motiven und nummerierten Türchen, die mit Schokolade gefüllt sind. Aber ebenso sind auch individuell gebastelte Kalender in Gebrauch, die dann nach Belieben bestückt werden. Ramdankalender für Erwachsene gibt es übrigens bereits viel länger, sie geben eine Übersicht über die täglichen Fastenzeiten während des Ramadans, haben also keine Türchen, sondern eine ganz andere, eher praktische Funktion. Da sich die Zeiten des Sonnenaufgangs und -untergangs Tag für Tag etwas verschieben, helfen diese Übersichten gläubigen Muslim*innen, die Fastenzeiten richtig einzuhalten.