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Jeden Tag nur ein Türchen – Warten auf das Weihnachtsfest

Weihnachten steht vor der Tür. Mit dem ersten Adventssonntag beginnt der Advent, die Zeit der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Das Wort Advent kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet Ankunft. Die christlichen Kirchen bereiten sich auf das Fest der Geburt Christi vor. Der erste Advent ist auch der Beginn des Kirchenjahres.

Farbiger Adventskalender, Druckgrafik. Dargestellt ist eine Krippenszene in einem Weihnachtsbaum. Verschiedene Adventskalender aus den 1950er und 1960er Jahren. Adventskalender in Form eines Zahlenkreises. In der Mitte des Kreises ist eine winterliche Stadtlandschaft zu sehen. Adventskalender mit Zwergenmotiv.

Diese lange Vorbereitungszeit auf ein Fest, die auch noch mit fast unendlich vielen Symbolen, Bräuchen und Ritualen gestaltet wird, hängt mit der Bedeutung von Weihnachten zusammen: Weihnachten ist neben Ostern das Hauptfest des Christentums. Die zentrale Botschaft ist, dass das Göttliche in der Welt erscheint. Hier liegen sehr komplexe theologische Konzepte zugrunde, die in dem bis heute überzeugenden Bild vom Kind in der Krippe ihren Ausdruck gefunden haben.

Weil Weihnachten so eine wichtige religiöse Bedeutung hat, ist auch die Vorbereitungszeit bedeutsam. Handeln und Gedanken der Menschen sollen auf das anstehende Fest hin ausgerichtet werden. Dabei helfen Symbole und Rituale wie der Adventskalender, der den Kindern die Zeit des Wartens verkürzen, aber auch Geduld und Disziplin vermitteln soll: Jeden Tag darf nur ein Türchen geöffnet werden. Was sich hinter den Türchen verbarg, war schon in ihrer Entstehungszeit im 19. Jahrhundert sehr unterschiedlich: Beliebt waren Bildchen, kleine Figuren und ab Mitte des 19. Jahrhunderts die nun industriell herstellbare Schokolade. Ab den 1920er Jahren boomt der Adventskalender: Bekannte Kinderbuchillustrator*innen zeichnen für die Verlage, der Druck geht in die Massenproduktion, preiswerte Angebote machen den Adventskalender für viele Familien attraktiv.

Adventskalender mit Märchenmotiv: Hänsel und Gretel am Knusperhäuschen, die Hexe schaut über die untere Tür. Märchen sind beliebte Illustrationen für den Adventskalender.

Vielfältig war und ist die Gestaltung der Adventskalender: religiöse Motive wie die Krippe tauchen ebenso auf wie Szenen mit Zwergen oder Kobolden, die für den Weihnachtsmann Geschenke basteln, Bilder aus bekannten Märchen oder winterliche Landschaften. Oft in einem süßlich-kitschigen Stil gezeichnet waren Adventskalender durchaus Teil eines pädagogischen Programms: Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde massiv Bilder von angeblich germanischen „deutschen Weihnachtsfest“ oder auch dem hier adaptierten skandinavischen Julfest verbreitet, schon 1933 werden hier auch Bilder von Soldaten aufgegriffen.

Adventskalender in Form eines Hauses. Dreidimensionaler Adventskalender aus Papier.

Ein älterer Brauch der Zeitmessung im Advent war das Strohhalmlegen: Die Kinder wurden angehalten, in der Adventszeit jeden Tag ein Gebet zu sprechen oder eine gute Tat zu vollbringen. Zur Belohnung gab es jeweils einen Strohhalm, eine Feder, ein Stück Stoff oder Watte. Dieses durfte das Kind in die leere Krippe legen, um im Laufe der Adventszeit für das neugeborene Kind eine weiche und warme Unterlage zu schaffen. Dieser Brauch ist eine sehr anschauliche Umsetzung einer theologischen Idee, die aus spätmittelalterlichen Frauenklöstern stammte: Die Nonnen sollten sich in der Adventszeit vorstellen, dass sie aus guten Taten und Gebeten Christus eine Krippe in ihrem Herzen bauten.

Viele ältere Menschen erinnern sich aber auch an ihr schlechtes Gewissen: Wenn sie nicht brav genug waren, gab es kein Stroh und es war ihre Schuld, wenn das Jesuskind in der Krippe nicht schön weich liegen konnte. Diese Art von Pädagogik wird spätestens seit den 1970er Jahren zunehmend abgelehnt.

Adventskalender aus Filz und Stoff in Form eines Weihnachtsmannes Ob da wirklich hinter den Zahlen etwas versteckt ist? Ein Adventskalender als Dekoration an der Haustür.

Seit einigen Jahren gibt es zunehmend neue Formen des Adventskalenders, die sich in erster Linie an Erwachsene richten: Der „lebendige Adventskalender“ wird in vielen Gemeinden, Orten und Stadtteilen praktiziert. Dabei öffnet sich jeden Tag eine echte Tür oder ein Fenster für die Teilnehmer mit einer weihnachtlichen Aktion: Glühwein oder Plätzchen, eine Weihnachtsgeschichte oder ein Lied, eine Kerze oder ein Stern – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Immer gilt: für eine kleine Zeitspanne kommen Menschen zusammen, um sich mit einem kleinen Ritual gemeinsam auf Weihnachten einzustimmen.

Wie können solche Rituale unter den Bedingungen der Pandemie vollzogen werden? Vielleicht verschenken wir in diesem Jahr Adventskalender an Freunde und Familienmitglieder, die wir nicht besuchen können. Oder schaffen einen Postkarten- oder Telefon-Adventskalender, um jeden Tag einmal jemandem Adventsgrüße zu übermitteln.

Literatur

Alois Döring: Rheinische Bräuche durch das Jahr. Köln 2002.

Esther Gajek: Adventskalender: von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1996.

Dagmar Hänel/Stephanie Herden: Christkind im Körbchen – neue alte Adventsbräuche im Rheinland. In: Alltag im Rheinland 2015, S. 20-26.