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Umsiedlungsprozesse als Strukturwandelprozesse erforschen
Das Projekt „Zur Bedeutung des kulturellen Erbes im Strukturwandel. Umsiedlung im Rheinischen Braunkohlerevier“ erforscht den Alltag der Umsiedlung im rheinischen Braunkohlerevier
„Alle Dörfer bleiben“, dies wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger, die sich für den Stopp des Braunkohletagebaus Garzweiler einsetzen. So auch im Erkelenzer Stadtteil Keyenberg. Nachbarorte sind verschwunden, das Loch kommt immer näher. In Keyenberg und den Nachbardörfern Berverath und Kuckum bildete sich eine weitere Initiative, „Menschenrecht vor Bergrecht.“ Gemeinsam haben die Mitglieder ein Grundstück am Ortseingang erworben, um die Rechtmäßigkeit der Abbau- und Umsiedlungsprozesse durch alle gerichtlichen Instanzen zu überprüfen. Gleichzeitig ist die Umsiedlung in vollem Gange und viele Bürgerinnen und Bürger orientieren sich mit Blick in die Zukunft nach Keyenberg-Neu. Dort haben die Menschen mit ganz praktischen Problemen zu kämpfen: Werden Pakete auch wirklich an die Adresse im Neu-Ort geliefert oder landen sie im alten Ort? Wie entsteht eine neue Gemeinschaft? Wie leben mit dem Schmutz und Lärm einer riesigen Dauerbaustelle, die einen Ort entstehen lässt, der einem Neubaugebiet ähnlicher ist als der zurückgelassen dörflichen Struktur und dem historisch gewachsenen Dorfbild? Wohin mit der Erinnerung? Dies ist die Ausgangslage, mit der sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts des LVR- Instituts auseinandersetzen. Neue politische Entwicklungen erfordern dabei einen immer breiter zu fassenden Forschungsraum, der sich nicht mehr auf die Dörfer der Erkelenzer Börde beschränken lässt.
Das alte Dorf Keyenberg mit leergezogenen Häusern im November 2019 Der erste Karnevalsumzug im neuen Dorf Keyenberg, Februar 2020. Foto: Anja Schmid-Engbrodt
Das Projekt hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Situation in all ihren Facetten zu dokumentieren. So verhelfen wir den Bürgerinnen und Bürgern in intensiven Gesprächen zu einer Stimme. Wir sammeln und bewahren nicht nur die Geschichte des Dorfes, sondern ebenfalls die Lebensgeschichten der Bürgerinnen und Bürger. Hierbei sind uns die individuellen Perspektiven wichtig. Die Menschen der Region sind auf der Suche nach Stabilität und einem Zuhause und müssen sich immer wieder auf neue Perspektiven einstellen. Wie sie damit umgehen, die Aushandlungsweisen, sollen Raum bekommen. Gleichzeitig möchten wir ein Bild der Region nachzeichnen, die sich in einem starken Veränderungsprozess befindet. Das Zuhause der Menschen ist, unabhängig von aktuellen Entscheidungen, nicht mehr das Gleiche.
So ermöglicht das Projekt eine Möglichkeit des Erinnerns und Bewahrens aber auch der Vermittlung der reichhaltigen Geschichte der Landschaft des Rheinischen Braunkohlereviers zwischen Bonn, Aachen und Düsseldorf und trägt damit einen wichtigen Beitrag zu Untersuchung des kulturellen Erbes bei.