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"Wo ist dann meine Heimat"
Interkulturelle Lebenswelten junger Menschen - Eine Ausstellungsreihe
"In Deutschland bin ich ‚die Türkin' und in der Türkei ‚die Deutsche!'", erzählt die in Köln geborene 17-jährige Merve. "Wo ist dann meine Heimat, wenn ich bei beiden nicht willkommen bin?" fragt sie, verschränkt die Arme und blickt selbstbewusst in die Kamera. Das Porträt der Schülerin ist eines in einer ganzen Reihe von Fotos junger Menschen im Rheinland, die in der Ausstellung zu sehen sind. Originalzitate der jungen Leute verraten, was sie persönlich unter Heimat verstehen oder wie sie sich in ihrem lokalen Umfeld beheimaten. Zu Wort kommen Jugendliche mit und ohne Migrationserfahrung, Menschen, deren Familie bereits in der dritten Generation in einer Stadt lebt, Neuzugezogene oder auch Austauschüler, die sich über einen begrenzen Zeitraum ein neues "zu Hause" erschließen.
Passend zum Thema Zuwanderung sind die Fotos und Zitate auf Umzugskartons aufgebracht. Die Ausstellungsbesucher können die Kartons verrücken, umstellen, anders anordnen und so mit immer neuen Leuten in Kontakt kommen. Sie können entdecken, welche Erwartungen und welche Lösungen junge Menschen im Gepäck haben, wenn es um ein funktionierendes interkulturelles Zusammenleben geht.
Sprache ist aus Sicht der Jugendlichen das Mittel schlechthin, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, erst so sind gemeinsame Erlebnisse möglich. Ein Miteinander in ihrer ganz alltäglichen Lebenswelt ist für die Jugendlichen ein starker Integrationsmotor: Der Konzertbesuch, das Hobby Tanzen, der Austausch von Kochrezepten oder die Begeisterung für Sport - auf den Kartons sind die unterschiedlichsten Beispiele zu lesen. Vedat, ein türkischer Schüler, erzählt, wie er Integration eindrucksvoll bei der Fußball-WM erlebt hat, als er "mit Deutschen für Deutschland war."
Aber wo prinzipiell Integration und gemeinsames Erleben möglich sind, kommt es mitunter auch zu Ausgrenzungen. In der Ausstellung werden daher auch widersprüchliche Erfahrungen sichtbar: Eine 16-jährige aus Kasachstan spricht darüber, dass Jugendliche, die aus einem anderen Land stammen, nicht am Türsteher einer Disco vorbeikommen. Ivan erzählt, wie gut in seinem Fußballverein Integration funktioniert, dass er aber im Stadion schon rassistische Beleidigungen von Fans beobachtet hat.
Ziel der Ausstellung ist es, bewusst zu machen, dass ein interkulturelles Miteinander tagtäglich aufs Neue gelebt werden muss. Die Ausstellung möchte den Erfahrungsschatz und das Integrationspotenzial junger Menschen würdigen und gibt ihren Meinungen ein Forum. Sie ist als Begleitprogramm zum Projekt "Interkulturelle Lebenswelten" entstanden. Alle Aussagen stammen aus einer schriftlichen Befragung des LVR-Institutes für Landeskunde und Regionalgeschichte, an der rund 180 Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben. Ein weiterer Projektbaustein ist das Video-Projekt "Mülheim(at)?!".
Das Ausstellungsprojekt wird seit Beginn der Reihe im Jahr 2013 mit unterschiedlichen Kooperationspartnern und wechselnden Schwerpunkten erweitert und jeweils vor Ort präsentiert. Mitgemacht haben zum Beispiel das Berufskolleg Rhydt-Mülfordt in Mönchengladbach, das Kultur- und Stadthistorischen Museum in Duisburg, die Gesamtschule Globus am Dellplatz, Duisburg, das Stiftsgymnasium Xanten, das Rheingymnasium Köln-Mülheimt, das Berufskolleg Köln-Deutz. Aktuell wird die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Verein AsA. - Ausbildung statt Abschiebung e.V. in Bonn erweitert. Im Mittelpunkt stehen die Lebenswelten junger geflüchteter Menschen.
Fotos der Ausstellung: Peter Miranski, Köln u.a.
Konzeption: Gabriele Dafft, LVR-ILR