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6. "Dich verstehe ich, Du sprichst bönnsch"
Am 8. Septemeber 1959 wurde in Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke die Beethovenhalle feierlich eingeweiht. In seiner Rede würdigte Oberbürgermeister Wilhelm Daniels den Namensgeber Ludwig van Beethoven: "Hier, wenige Schritte entfernt, ist er geboren, hier am Rhein hat er seine Kinderspiele und Jugendfreuden genossen […]". Wilhelm Daniels erwähnte in dieser Rede eine Begegnung Beethovens mit dem ebenfalls aus Bonn stammenden Peter Josef Lenné: "Dich verstehe ich, Du sprichst bönnsch", habe er zu dem jungen Mann gesagt.
Dieses Zitat taucht seitdem immer wieder gern in der Bonn-Literatur auf. Der schlecht hörende Beethoven kann den Landsmann, der ihn in Wien besucht, gut verstehen, weil der seinen Heimatdialekt verwendet! Als Jahr, in dem die Begegnung stattgefunden haben soll, wird dann 1812 genannt; stattgefunden haben soll: Bei Anekdoten, gerade bei den besonders farbigen und eingängigen, ist Vorsicht geboten: Manche sind einfach zu schön, um wahr zu sein.
Wer kennt die Quelle für diese Anekdote? In dem Redemanuskript von 1959 wird sie nicht genannt; und der Verfasser dieser Zeilen muss zugeben, dass er sie bis dato nicht gefunden hat. Für entsprechende Hinweise wäre er überaus dankbar!
Peter Joseph Lenné wurde am 1789 in Bonn geboren, also drei Jahre, bevor Ludwig van Beethoven nach Wien zog. Lennés Bönnsch wäre damit genau jene Sprache, um die es in dieser Kolumne geht: Bönnsch zu Beethovens Zeiten. Mit Vokabeln wie Appeltaat (Apfelkuchen) oder Prommetaat (Pflaumenkuchen) und mit Lautvarianten wie Lögge (Leute) oder Fraulögge (Frauen). Einmal angenommen, der junge Lenné habe für das Gespräch mit dem berühmten Komponisten wirklich den Dialekt gewählt: Sein Bönnsch müsste für Beethovens Ohren sehr vertraut geklungen haben.
Das (hoffentlich authentische) Beethoven-Zitat ist noch ein Stückchen länger: "Dich verstehe ich, Du sprichst bönnsch, Du mußt sonntags immer mein Gast sein." In der zweiten Folge dieser Kolumne, "Salz on Peffe(r)", ging es um die Zeitangabe "immer". Zu Beethovens Zeiten, so wurde vermutet, habe sie lutte geheißen, ob nun ohne oder mit r (lutter). Man stelle sich vor, der Meister hätte uns 1812 höchstselbst die Antwort gegeben: Wie schön wäre es doch, Beethovens Äußerung wäre auf Bönnsch überliefert!
Literatur:
https://www.probeethovenhalle.de/attachments/File/Fakten/Die_Weihe_des_Hauses%281%29.pdf (darin S. 18: Zitat von Wilhelm Daniels).