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Diskussion ums Silvester-Feuerwerk
Bräuche reflektieren gesellschaftliche Bedürfnisse
Bleigießen, Sekt trinken, Glückwünsche: Der Übergang ins neue Jahr wird mit Ritualen und Symbolen gefeiert. Foto: Giulia Fanton/LVR
Krisen stellen oftmals gesellschaftliche Übereinkünfte und Werte in Frage. Alltagsroutinen und alltägliche Gewissheiten werden neu ausgehandelt. Das kann sich auch auf Bräuche und Rituale auswirken - zum Beispiel auf das Silvester-Feuerwerk.
Ein zentrales Element des Silvesterfestes ist das Feuerwerk. Es gehört zum Jahreswechsel, wie die Kerze auf den Adventskranz – oder etwa nicht? Das Feuerwerk ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse auf Bräuche auswirken. In Zeiten von Krieg, Pandemie und einem gesteigerten Bewusstsein für die Herausforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes stellt sich für viele Menschen die Frage: Ist ein Feuerwerk der richtige Weg zu feiern? Überlegungen, das Feuerwerk einzuschränken, sind nicht ganz neu. Schon in den 1980er Jahren gab es Initiativen wie „Brot statt Böller“. Auch durch einen Wandel in den Mensch-Tier-Beziehungen kommt immer wieder die Diskussion auf, ob man auf die Böllerei zum Jahreswechsel verzichten soll.
Gegenwärtig kulminieren solche Wertediskussionen auf mehreren Feldern und führen zu Verunsicherungen: Wie begegnet man der Klimakrise, wie entwickelt sich der Ukrainekrieg, welche Folgen hat die Energiekrise? Ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess ist im Gange. Und der spiegelt sich eben auch in der Diskussion um das Silvesterfeuerwerk. Krisenerfahrungen können also auch die Suche nach neuen Formen des Feierns beschleunigen. Wie diese Formen aussehen, ist derzeit offen. Für die Kulturanthropologinnen im ILR ist es jedenfalls spannend zu beobachten, ob und wie sich - nicht nur Silvesterrituale - in den nächsten Jahren verändern.
Wir blicken auch im nächsten Jahr wieder auf die Alltagskultur im Rheinland, auf Bräuche, Rituale und kulturelle Transformationsprozesse. Jetzt aber wünschen wir allen einen guten Rutsch in ein gesundes und hoffentlich friedvolleres Jahr 2023!
Text: Gabriele Dafft