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Eierschibbeln und Hötschelspiel
Regionale Osterbräuche und -spiele mit langer Geschichte
Die österliche Fastenzeit endet im christlichen Glauben an Karsamstag, und damit beginnt die Zeit der symbolischen Bräuche rund um Ostern erst so richtig. Jetzt spielt das Ei eine große Rolle. Es steht nicht nur für das Leben und die Fruchtbarkeit und symbolisiert im christlichen Glauben die Auferstehung Jesu Christi. Auch im Alltag hat es eine besondere Bedeutung – sei es beim Suchen, als beliebter Deko-Artikel oder in der Ernährung.
Gerade als Lebensmittel hat das Ei eine interessante Geschichte. Denn im Mittelalter zählten Eier zu den Fleischspeisen, deren Verzehr die Kirche während der Fastenzeit verboten hatte. Dadurch kam es unmittelbar vor Ostern oft zu einem Überfluss an Eiern. Diese wurden dann nicht nur als Zahlmittel für die fällige Pacht verwendet („Zinseier“), sondern auch verschenkt. Paten beispielsweise schenkten ihren Patenkindern gerne Eier. Um die Zeit in der Karwoche wurden die Eier dann abgekocht und zur Unterscheidung von den frisch gelegten Eiern orange oder rot gefärbt, das ging besonders einfach, wenn man dem Kochwasser Zwiebelschalen oder Roter Bete beigab.
In einigen Regionen Europas wurden und werden die „Schenk-Eier“ sehr kunstvoll verziert. Sie sind beispielsweise ein fester Bestandteil der sorbischen Volkskunst, auch andere südosteuropäische Länder kennen diese Tradition, so etwa in Polen, Rumänien und Slowenien. In Deutschland ist das filigrane Bemalen der Eier in Hessen üblich, beispielsweise in katholischen Dörfern des Marburger Landes. Aus dem Rheinland ist dieser Brauch nicht bekannt, hier erhielten die Ostereier durch die Naturfarben lediglich ein buntes Aussehen.
In Nordrhein-Westfalen werden aber seit Jahrzehnten spezielle regionale Osterspiele durchgeführt. In Waldbröl-Bladersbach etwa, einem kleinen Dorf im Oberbergischen Kreis, findet seit gut 70 Jahren ein traditioneller Wettkampf unter Kindern statt: das Eier-Schibbeln. Hierbei lassen Kinder Eier einen kleinen Hang hinunterrollen (‚schibbeln‘) und versuchen, die Schale der anderen Eier durch Berührung anzustoßen (‚anzuditschen‘). Das Event wurde 1980 in einer Filmdokumentationfestgehalten. Sogar die Sendung mit der Maus ist in jüngerer Zeit auf diesen Brauch aufmerksam geworden und hat ihn 2017 ebenfalls filmisch begleitet.
Einen direkten Bezug zur biblischen Heilsgeschichte hat das Hötschelspiel, das ebenfalls an den beiden Osterfeiertagen in Waldbröl-Bladersbach ausgetragen wird. Nach dem Gottesdienst versammeln sich ältere männliche Dorfbewohner an einem Platz und versuchen, eine Wurfscheibe aus Blei möglichst dicht an eine markierte Linie zu werfen. Die dafür notwendigen Scheiben haben die Herren schon vor der Kirche in ihre Manteltaschen gesteckt. Der Brauch bezieht sich auf Judas Ischariot, der aus Reue über die Festnahme und Auslieferung Jesu an die Römer seinen Verräter-Lohn von 30 Silbermünzen den Hohenpriestern zurück in den Tempel warf.