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Osterfrosch und Weihnachtshase?

Schokoladenfigur in Form eines Frosches Schokoladenfigur: Frosch Zwei Schokoladenfigren, eine in Form eines Frosches, die andere in der eines Weihnachtsmannes mit Weihnachtsmütze Schokoladenfiguren: Frosch und Hase

Im Dezember lugte er noch über die Ladentheken – der X-Mas Bunny von Riegelein – und machte dem Weihnachtsmann Konkurrenz. Kaum zwei Monate später rächt sich sein Streich: Ein grüner Frühlingsbote erobert die Verkaufsflächen und zieht die Blicke auf sich. Sowohl Lindt als auch Kinder schmücken ihre Frühjahrsware mit Fröschen. Bekommt der Osterhase jetzt ebenfalls Konkurrenz oder hat er plötzlich einen grasgrünen, hüpfenden Helfer? Vielleicht wird uns hierzu die Süßwarenindustrie irgendwann eine Antwort geben können, vorerst bleiben diese Fragen jedoch unbeantwortet. Aber was wissen wir eigentlich über den Frosch? Er ist ein symbolträchtiges Wesen, um das sich schon seit der Antike viele Mythen und Märchen ranken, die nicht immer niedlich sind, sondern den Frosch durchaus auch als Wesen des Bösen darstellen. Eines also bleibt: es lohnt sich, dem Frosch das Bild des Monats März zu widmen.

Bereits bei den alten Griechen zeichnet sich der Frosch durch eine extreme Ambivalenz aus. Er gilt einerseits als Glücksbringer und Heilmittel, andererseits aber auch als Unglücksbringer, Teufelswesen und Krankheitserreger. Auch als Wetterprophet und Orakeltier hat er seine Rolle zu spielen. So soll es beispielsweise Regen geben, wenn sich der Laubfrosch in seinem Glas unter den Zweigen verkriecht, und Sonnenschein, wenn er die Leiter heraufklettert. Auch heißt es, man habe im neuen Jahr viel Unglück und müsse viel weinen, wenn man den ersten Frosch im Jahr im Wasser sehe, und man werde viel Glück und Freude haben, wenn man ihn jedoch hüpfend im Gras entdecke. Eine ebenfalls prophetische Rolle spielt der Frosch, wenn man erzählt, er sei einer Frau erschienen und habe ihr eine tatsächlich eintretende Schwangerschaft voraus gesagt.

Als Hausfrosch, wohlbehütet und umsorgt im Keller lebend, kann er den Bewohnern – so glaubte man im Mittelalter – Schutz und Glück bescheren und dafür sorgen, dass es ihnen nicht an Geld mangeln würde. Gleiches gilt für einen Frosch, der an die Stalltür genagelt wird, denn so solle er Hexen und Krankheiten von den Tieren fernhalten. Wenn es um medizinische Zwecke geht, so wird der Frosch oftmals mit der Kröte gleichgesetzt und kann, nach altem Glauben, Gift aus Wunden ziehen. Dazu wird er lebend auf die betroffene Körperstelle gebunden und solange dort gelassen, bis er stirbt. Er soll gegen offene Wunden, Muttermale, Blutfluss, Rheumatismus und sogar Brustkrebs wirken und wird lebend, pulverisiert, gedörrt und als Öl, sowohl innerlich als auch äußerlich, angewandt. Um medizinisch wirksam zu sein, muss der Frosch dabei meist qualvoll getötet werden.

Daneben werden der Frosch und vor allem die Kröte auch als Symbol für die Gebärmutter gesehen, die lange als eigenständiges, im Leib umher wandelndes Wesen gedacht wurde. Dies kommt vor allem in religiös-spirituellen Bräuchen zum Ausdruck, aber auch in Erzählungen. So wird noch im späten Mittelalter das Quaken der Frösche als Geschrei der ungeborenen Kinder gedeutet. Und ein Stock, mit dem ein Frosch vor einer Schlange gerettet wurde, soll in der Lage sein, die Geburtswehen zu erleichtern, wenn man die Frau damit übers Knie legt. Im Krötenmotiv zeigt sich die spirituelle Ausprägung: Hier werden wächserne, silberne oder eiserne Kröten an Wallfahrtsorten dargebracht, mit der Bitte, Unterleibsschmerzen zu lindern oder eine unfruchtbare Frau fruchtbar werden zu lassen.

Noch heute ist die Vorstellung bekannt, dass Frösche und Kröten die Haustiere von Hexen und Zauberern seien. So ist es den Schülern aus "Harry Potter" erlaubt, neben einer Eule oder einer Katze auch eine Kröte in ihre Schule „Hogwarts“ mitzubringen. Tatsächlich stammt diese Vorstellung aus dem Mittelalter, als die Menschen glaubten, Kröten und Frösche, die in der Walpurgisnacht gesichtet wurden, wären Hexen, die sich in sie verwandelt haben. Auch gibt es Erzählungen, nach denen der Teufel Kröten schickt, um Dombaustellen zu untergraben und in einer Nacht den Dom zum Einsturz zu bringen. Eine andere Erzählung aus dieser Zeit, die den Frosch als Symbol des Bösen und der Sünde zeigt, ist die Folgende: Einer beichtenden Frau springt für jede Sünde ein Frosch aus dem Mund, bei kleineren Sünden ein Kleinerer, bei größeren Sünden ein Großer. Der letzte und größte Frosch jedoch bleibt ihr im Munde stecken und sie wird ihre größte Sünde auf immer für sich behalten müssen.

In vielen Fabeln tritt der Frosch meist als prahlerisch und dumm auf. So beispielsweise in der Fabel vom Frosch, der die Größe eines Ochsen erreichen wollte. Dabei bläst er sich vor seinen Froschkindern immer weiter auf, bis er schließlich platzt.

Das wohl bekannteste Froschmotiv ist jedoch das des Froschkönigs, das auch von Lindt aufgegriffen wurde. Dabei handelt es sich schon seit der ersten Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm um das Eröffnungsmärchen. Sie beschreiben es selbst als "Eins der allerältesten und schönsten Märchen":

Gegen das Gelöbnis, mit ihm Tisch und Bett zu teilen, holt ein in einen Frosch verwünschener Prinz einer Königstochter die goldene Kugel wieder, die ihr beim Spielen in den Brunnen gefallen ist. Sie vergisst ihr Versprechen, das der Frosch mithilfe des Königs jedoch einfordert, empfängt ihn widerwillig und wirft ihn schließlich aus Zorn vor die Wand, wodurch er erlöst und zum Prinzen wird und die beiden heiraten.

Auf diese Weise ließe sich die Liste der Frosch-Fabeln, -Sagen und -Märchen immer weiterführen und wer weiß, vielleicht können wir irgendwann einmal unseren Erzählschatz um einen grasgrünen Freund und Helfer des Osterhasen erweitern.

(Weitere Informationen: Enzyklopädie des Märchens, Handbuch des deutschen Aberglaubens, Brockhaus Enzyklopädie u. a.)