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Das Osterfeuer – ein alter Brauch wird zum Familienfest

Männer stapeln Äste und Tannenzweige für das Osterfeuer Vorbereitung des Osterfeuers Osterfeuer brennt in der Dämmerung Osterfeuer Menschen stehen im Dunkeln um ein Osterfeuer Osterfeuer

Es ist wieder so weit: In vielen Städten und Gemeinden im Rheinland lodern auch dieses Jahr an Karsamstag oder in der Osternacht große Feuer. Der Irrglaube, Osterfeuer seien ein heidnischer Brauch, um den Winter oder böse Geister zu vertreiben und den Frühling willkommen zu heißen, ist weit verbreitet. Wissenschaftlich sind diese Erklärungen jedoch nicht belegt. Wo hat die Tradition des Osterfeuers also wirklich ihren Ursprung?

Die sogenannten Oster- oder Judasfeuer gehen auf zwei verschiedene Traditionen zurück: Man unterscheidet zwischen christlich geprägten und profanen Feuern.

Die Tradition des christlichen Osterfeuers lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Seit dem 12. Jahrhundert haben sich Handlungen wie die Segnung des Feuers und das Entzünden der Osterkerze entwickelt. Während der sogenannten Lichtfeier segnet der Priester das Feuer und entzündet die Osterkerze. Auch heute sind diese Handlungen noch wichtiger Teil der katholischen Ostermesse. Das Licht der Kerze und des Feuers versinnbildlicht den auferstandenen Jesus Christus als Licht der Welt.

Aber auch weltliche "Osterfeuer" finden nachweislich seit dem 14. Jahrhundert statt. Es handelt sich um Freudenfeuer, bei denen nicht mehr die Segnung des Feuers und das Entzünden der Osterkerze, sondern das Feiern an sich im Vordergrund stehen.

Den übrig gebliebenen Kohlenstücken des Osterfeuers wird mancherorts eine besondere Abwehrkraft nachgesagt. Viele kleine Rituale sind in diesem Zusammenhang verbreitet. In Esch und Niederehe beispielsweise wurden sie noch Anfang der 50er Jahre zerrieben unters Viehfutter gemengt, in Lissendorf und Kürrenberg legte man sie ins häusliche Herdfeuer. In der Hocheifel war es üblich, mit der Kohle Kreuzzeichen auf die Türen der Ställe und Scheunen zu malen. Zur Abwehr von Schnecken wurden sie in der Prümer Gegend in die Erde des Gartens gesteckt und in anderen Gemeinden bei Gewitter als "Blitzableiter" ins Herdfeuer geworfen.

Um das Osterfeuer ranken sich weitere Märchen. Das brennende Osterfeuer soll früher einmal umtanzt und das verglimmende übersprungen worden sein. Der Sprung heile angeblich Krankheiten und schütze vor ihnen. Wer beim Sprung aber hinfällt, der sterbe noch im selben Jahr. So ist es im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zu lesen.

Vermutlich hat sich in diesem Zusammenhang auch die falsche Annahme, das Osterfeuer sei ein heidnischer Brauch, verbreitet.

Gerade weil das Osterfeuer auch damals mitunter schon als heidnisch galt, war es nicht bei allen beliebt. Martin Luther beispielsweise lehnte die Feuersegnung ab, weil er sie als päpstlich und heidnisch befand. In evangelischen Territorien wurde daraufhin sowohl das kirchliche als auch das profane Osterfeuer verboten. Aber auch katholische Landesherren – wie 1788 die kurfürstliche Regierung zu Köln – erließen Verbote. Der Kölner Erzbischof war der Meinung, dass "bei dieser Gelegenheit durch den Zusammenlauf des jungen Volks beim dunklen Abend mancher Unfug vorginge." Trotz der Verbote konnte sich der Brauch weiträumig erhalten.

Auch heute trifft man sich "bei dieser Gelegenheit". Das Osterfeuer wird heute von den unterschiedlichsten Vereinigungen ausgerichtet. Parteien, freiwillige Feuerwehr, Sport- und Turnvereine, Hofgemeinschaften, Schützenvereine, Jägerschaften oder kirchliche Vereine sorgen nicht nur – in Form von Bewirtung und musikalischer Untermalung – für das leibliche Wohl der „älteren Schaulustigen“, sondern auch für die Unterhaltung der kleineren Besucher. Im Oberbergischen Mittelagger fand letztes Jahr beispielsweise ein von der Jugendfeuerwehr organisiertes Ostereiersuchen mit anschließendem Osterfeuer statt. Das Osterfeuer ist inzwischen ein beliebtes Familienfest geworden. Die Dorfgemeinde trifft sich, um gesellig beisammen zu sein. Ähnlich wie an Karneval, dem Tanz in den Mai oder Pfarrfesten kann man Bekannte treffen, die man nur zu diesen Gelegenheiten sieht. Auch die Dorfjugend lässt sich das Spektakel nicht entgehen. Sie zieht nach dem Feuer noch weiter zu sogenannten After Osterfeuer Partys oder der After Osterfeuer Hour, Erfindungen der ortsansässigen Clubs und Kneipen. Eine Verbindung zur ursprünglichen Tradition des Osterfeuers kann dabei aber wohl kaum noch hergestellt werden.


Weitere Informationen:

Handbuch des deutschen Aberglaubens

Brockhaus Enzyklopädie

Döring, Alois: Rheinische Bräuche durch das Jahr, Köln 2006