LVR-Institut für Landeskunde
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Das Runde muss ins Eckige

Im letzten Jahr noch aufgrund der Pandemie abgesagt, findet die Fußball-EM nun dieses Jahr statt. Und dabei handelt es sich um eine besondere Europameisterschaft, die ihren Titel wohl verdient hat: Zum einen spielen natürlich Mannschaften europäischer Länder gegeneinander, zum anderen aber finden die Spiele nicht wie bei anderen großen Turnieren in nur einem Land statt, sondern sie verteilen sich auf insgesamt zwölf unterschiedliche Länder. Auch in Deutschland, genauer gesagt in München, werden Gruppenspiele und eines der Achtelfinale ausgetragen.

Jungen, die auf einem Sportplatz mit Tor Fußball spielen Ob kicken, bolzen, pöhlen oder fußballen, Spaß macht das Spiel mit Ball und Freunden auf jeden Fall. © Karl Guthausen/Archiv des Alltags im Rheinland/124-192

Natürlich wird auch in den übrigen Regionen und Städten Deutschlands mal mehr mal weniger erfolgreich Fußball gespielt. Und das nicht nur in Vereinen und von den hochbezahlten Spielern, sondern auch nachmittags gemeinsam mit anderen Kindern – auf der Straße, dem örtlichen Spielplatz oder einem Acker, der sich wunderbar als Fußballplatz eignet. Dass es für dieses Ballspie in der regionalen Umgangssprache zahlreiche Bezeichnung gibt, ist wohl naheliegend: Im Rheinland hört man neben Fußball spielen auch bolzen, kicken, pöhlen, flabben sowie fußballen. Ähnliches ist auch für den Dialekt des Niederrheins belegt; dort spricht man von fußballen (voetballen), Fußball spielen, pöölen, bolzen oder flattse.

Aber nicht nur die Bezeichnungen für diesen sportlichen Zeitvertreib sind interessant, auch einige Namen der Fußballspieler sind aus rheinischer Sicht spannend. Robin Gosens etwa trägt einen Familiennamen, der ausschließlich für Nordrhein-Westfalen (Kreis Kleve, Bottrop, Essen, Märkischer Kreis, Oberbergischer Kreis) belegt ist; auch in den Niederlanden leben noch einige Träger:innen dieses Namens. Es handelt sich um ein Patronym, also einer Benennung nach dem Vater und geht zurück auf den Namensteil Gos-, der auf einen Völkernamen verweist und ‚Goten‘ bedeutet. Angehängt an diesen Bestandteil sind die ehemals produktiven Genitivendungen -s (starker Genitiv wie bei des Lebens oder des Regens) und -en (schwacher Genitiv wie bei des Löwen). Sie stammen von Konstruktionen wie Jan Gosens Sohn, die Abstammung anzeigen. Der Zusatz Sohn ist mit der Zeit entfallen, erhalten geblieben ist die Endung -ens.

Hafer Hafer, die Grundlage des Familiennamens Havertz © Hans, Pixabay-Lizenz

Auch der Familienname des Mittelfeldspielers Kai Havertz hat sein Hauptverbreitungsgebiet im Rheinland, vor allem in der Städteregion Aachen sind Träger:innen dieses Namens zu finden. Havertz geht auf das mittelhochdeutsche Wort haber sowie die mittelniederdeutsche Bezeichnung haver ‚Hafer‘ zurück und dient als indirekter Berufsname für einen Haferbauern oder den Verkäufer von Hafergrütze. Die Endung -z dient bei diesem Familiennamen (ähnlich wie -s bei Gosens) als Kennzeichnung der Abstammung: Die ersten Träger:innen des Namens waren demnach Nachfahren eines Mannes, der als Haferbauer arbeitete. Eventuell könnte Havertz auch als Vatername dienen, dann ginge er auf den Rufnamen Hadubert zurück.

vier Metallhaken mit hölzernem Griff sowie drei weitere Metallhaken unterschiedlicher Dicke Ahle, Pfriem oder Suhle – typisches Werkzeug des Schuhmachers © Dominique grassigli, CC BY-SA 3.0

Ein dritter Fußballer, der Verteidiger Niklas Süle, trägt ebenfalls einen Familiennamen, dessen Träger:innen im Rheinland zu finden sind. Generell ist der Name Süle allerdings selten in Deutschland belegt, neben Städten in vielen Regionen Deutschlands auch in Köln. Süle ist ebenfalls ein indirekter Berufsname; er geht auf ein typisches Werkzeug des Schuhmachers zum Durchstechen des Leders zurück. Dieser lautet im Lateinischen subula und wird in mittelalterlichen Vokabularien mit mittelhochdeutsch pfriem(e), siu(we)le oder āle übersetzt. In den rezenten Dialekten zeigt sich dann eine klare Verbreitung dieser unterschiedlichen Bezeichnungen für ein und denselben Gegenstand: Während Typ Ahle im Oberdeutschen und Ostmitteldeutschen zu finden ist, dient im Nordwesten Suhle zur Bezeichnung des Werkzeugs, im Nordosten dann P(f)riem. Süle ist eine Laut- und Schreibvariante der im Nordwesten vorherrschenden Bezeichnung Suhle. Eventuell kann der Familienname auch auf die Wohnstätte Suhl ‚Wälzlache der (Wild-) Schweine‘ verweisen und damit anzeigen, dass die Träger:innen des Namens einen Vorfahren hatten, der in der Nähe einer solchen Lache gewohnt hat.

Literatur: