LVR-Institut für Landeskunde
und Regionalgeschichte
Logo LVR

Rheinische Sprachgeschichte

Sprache gibt es bereits seit vielen Jahrhunderten. Und doch finden sich bis heute noch Spuren der frühen Siedler*innen des Rheinlandes in unserer Alltagssprache. Die Franken etwa, die das Rheinland nach dem Ende des römischen Reiches besiedelten, verwendeten damals für eine Maus das Wort Muus, eine Form, wie sie noch heute in zahlreichen rheinischen Dialekten gängig ist. Auch aus der Römerzeit sind noch einige Bezeichnungen und Begriffe in den Mundarten des Rheinlandes zu hören: So geht etwa rheinisch Prumm/Prumme auf lateinisch prunum/pruma 'Pflaume' zurück, rheinisch Kappes 'Kohl' dann auf lateinisch caput 'Kopf'. Natürlich hat sich aber in den vergangenen Jahrhunderten sprachlich auch viel verändert – eine (rheinische) Schriftsprache entstand, fremde Sprachen hinterließen Spuren und neben die Dialekte trat das Hochdeutsche …

Scan: Seite einer mittelalterlichen Handschrift aus Köln Rheinische Schriftlichkeit im Mittelalter: Ausschnitt aus der Kölner Stadtchronik von Johann Koelhoff (1499)

Seit wann genau im Rheinland gesprochen wird, bleibt allerdings vermutlich für immer ein Rätsel. Bekannt ist aber, dass schon der Neandertaler, einer der frühen Bewohner der Region, Laute ausdrücken konnte. Seine Sprache war im Gegensatz zu unserer natürlich weniger komplex. Sprachhistorisch lässt sich die Zeit ab etwa dem 3. Jahrhundert – einer noch vorschriftlichen Phase – bis ins 19. Jahrhundert aufgrund von Umbrüchen, die für den Verlauf der Sprache an Rhein und Ruhr charakteristisch waren, in mehrere Sprachepochen aufteilen. Konkrete Aussagen werden aber wohl erst möglich sein, wenn frühes Sprachmaterial in Form von schriftlichen Aufzeichnungen zur Verfügung steht. Oder wenn aus vorhandenem Material ältere Sprachstufen rekonstruiert werden können.

Der Beginn der heutigen Beschäftigung mit Dialekten und regionaler Sprache liegt bereits im 19. Jahrhundert in der Oberpfalz. Ein weiteres mundartliches Großprojekt, das seinen Anfang im Rheinland nimmt, ist eng mit den Namen Georg Wenker verbunden. In den 1870er Jahren verschickt dieser Fragebogen zum Dialekt an die Lehrer*innen im gesamten deutschen Bundesgebiet. Die eingesendeten Antworten bilden dann die Grundlage für den Deutschen Sprachatlas. Auf Georg Wenker folgen viele weitere Sprachwissenschaftler*innen, die sich konkret mit der Sprache im Rheinland befassen. Aus deren Arbeit entstehen zahlreiche Wörterbücher, zudem erforschen sie die Sprachgeschichte der bunten Region an Rhein und Ruhr.

Scan: Ausschnitt aus einem Fragebogen, den sogenannten Wenkerbögen, handbeschriftet Ausschnitt aus dem Fragebogen von Georg Wenker

Dass das Rheinland eine der buntesten und spannendsten Sprachregionen Deutschlands ist, wissen die Rheinländer*innen selbst am besten. Das liegt zum einen natürlich an den vielen Dialekten und regionalen Umgangssprachen, die hier gesprochen werden, zum anderen aber auch an der besonderen geografischen Lage des Rheinlandes. Schon immer war es Grenz-, Eroberungs- und Einwanderregion. Das sprachliche Erbe des Rheinlandes ist breit und vielgestaltig. Die jahrtausendelange Migrationsgeschichte und der daraus entstandene Kontakt mit fremden Sprachen haben bis heute sprachliche Spuren im Rheinland hinterlassen. Neben dem Einfluss des Niederländischen lassen sich auch Einflüsse des Römischen, Jiddischen sowie Französischen bis in die heutige Alltagssprache nachverfolgen.

Bildnachweise

  • Ausschnitt aus dem Wenkerbogen Bornheim (Nr. 26577). Forschungsplattform regionalsprache.de.
  • Ausschnitt aus der Koehlhoff’schen Chronik, S. 385: Die Cronica van der hilliger Stat va[n] Coelle[n] [Electronic ed.]. - Köln : Koelhoff, 23.VIII.[1499], [URL: http://diglib.hab.de/inkunabeln/131-2-hist-2f/start.htm].