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Dialekte im Rheinland
Die Begriffe Platt, Dialektund Mundart haben im Rheinland dieselbe Bedeutung: Sie bezeichnen eine lokal verwendete Sprechsprache, die am Ort den weitesten Abstand von der Standardsprache (vom "Hochdeutschen") aufweist. Anders als der Regiolekt reicht der Dialekt im Rheinland ohne Kontinuitätsbruch bis in das erste Jahrtausend n. Chr. zurück. Örtliche Dialekte im Rheinland sind beispielsweise das Kölsche (der Kölner Dialekt) oder das Öcher Platt (der Aachener Dialekt). Die örtlichen Dialekte werden aufgrund bestimmter Merkmale zu Dialekträumen zusammengefasst, die sich auf einer höheren Ebene wiederum als Dialekte, als regionale Dialekte, bezeichnen lassen. Innerhalb des zu Nordrhein-Westfalen gehörenden Rheinlandes lassen sich sechs Dialekträume unterscheiden:
- Kleverländisch ‒ am unteren Niederrhein
- Südniederfränkisch ‒ zwischen der Uerdinger Linie und der Benrather Linie
- Ostbergisch ‒ an der Grenze zu Westfalen
- Westfälisch ‒ im Osten des Kreises Wesel und in Essen
- Ripuarisch ‒ in Köln und in einem weiten Umkreis um Köln herum
- Moselfränkisch ‒ in der südlichen Eifel und an der Grenze zum Westerwald.
Die unterschiedlichen Linien, die die Dialekträume voneinander trennen, bilden den Rheinischen Fächer, eine Besonderheit des Rheinlandes, die auf die Zweite Lautverschiebung zurückgeht.
Die Dialekte lassen sich bis ins erste Jahrtausend zurückverfolgen. Sie gehen letztlich auf die Besiedlung nach der fränkischen Landnahme zurück. "Fränkisch" ist dann auch der gemeinsame Nenner, auf den die verschiedenen Dialekte der Region gebracht werden:
- Niederfränkisch – Kleverländisch, Südniederfränkisch, Ostbergisch
- Mittelfränkisch – Ripuarisch, Moselfränkisch.
Zwei Dialektinseln fallen aus dem Rahmen: Das (heute nicht mehr gesprochene) Hötter Platt in Düsseldorf-Gerresheim und die aus drei Dörfern bestehende Pfälzer Dialektinsel am unteren Niederrhein.
Der Dialekt dominierte als Sprechsprache bis ins 19. Jahrhundert, vielerorts bis ins 20. Jahrhundert den sprachlichen Alltag der Rheinländer und Rheinländerinnen. Allerdings sorgte der im 19. Jahrhundert erheblich verbesserte Schulbesuch dafür, dass immer mehr Menschen auch das Hochdeutsche erlernten. Als sich die Kenntnisse des Hochdeutschen dann nicht mehr nur auf das Lesen und Schreiben beschränkten, sondern auch das Sprechen einschlossen, mussten sich die Menschen im Rheinland entscheiden: Wann und mit wem spreche ich Platt, mit wem Hochdeutsch? So wurden die Dialekte zunehmend nur noch in privaten Gesprächen genutzt, mit der Familie, mit Freunden und Vereinskameraden. Im 20. Jahrhundert nahm dann die Zahl der Dialektsprecher und Dialektsprecherinnen rapide ab: Viele Menschen erlernten das Platt nicht mehr. Regionale Umgangssprachen, sogenannte Regiolekte, wurden zur Alltagssprache.
Dialekte haben einen eigenen Wortschatz, eine Grammatik, verfügen über ein eigenes Lautinventar und unterscheiden sich auch hinsichtlich des Satzbaus in verschiedenen Punkten vom Standarddeutschen.
Die Unterschiede sowohl zum Hochdeutschen als auch zwischen den einzelnen Dialekten sollen anhand eines Satzes verdeutlicht werden, der im Rahmen der ersten großen Dialektuntersuchung (durchgeführt von Georg Wenker) im deutschen Sprachraum von Lehrern in ihr jeweiliges örtliches Platt übersetzt worden ist. Im Hochdeutschen lautet der Satz:
- Der gute alte Mann ist mit dem Pferd durch das Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen.
Und in den unterschiedlichen Texten des Rheinlandes:
- Wesel (Kleverländisch):
Dä guje alde Mann es met dat Perd dor dat Is gebroke on in dat kalde Water gefalle. - Düsseldorf (Südniederfränkisch): Dä gode alde Mann es met dem Päd durch et Ihs gebroche on en dat kalde Wasser gefalle.
- Bonn (Ripuarisch):
Dä jode ahle Mann öß met dämm Perd durch et Ihs jebroche on än dat kahle Wasser jefalle. - Lennep (Ostbergisch):
De jodde ahle Mann es met demm Ped dörget Is gebrooken un en dat kahle Water gefallen. - Essen (Westfälisch):
De godde olle Mann es met dem Pähd dörch et Ihs gebroken un in dat kolle Water gefallen. - Blankenheim (Moselfränkisch):
De gode ahle Maan os mot dem Pärd dörch et Is gebrauche on en dat kalt Wasser gefalle.
Wie an den zum Teil sehr unterschiedlichen Schreibungen zu erkennen, gab und gibt es für die Mundarten des Rheinlands kein einheitliches Schriftsystem. So wird das hochdeutsche 'g' auch in Düsseldorf als /j/ ausgesprochen, der dortige Lehrer hat aber in Anlehnung an die hochdeutsche Schreibung gode statt jode aufgeschrieben. Dies liegt daran, dass der Dialekt in erster Linie eine Sprechsprache ist, geschrieben wird er nur von wenigen Menschen, beispielsweise von Mundartdichtern oder von Musikgruppen, die Liedtexte im Dialekt verfassen. In diesen Fällen wird dann versucht, die dialektale Lautung so gut wie möglich mit den Mitteln der hochdeutschen Schrift wiederzugeben.